Anstatt einen Stein aus dem lebenden Ende der Mauer zu ziehen, wird ein abgeworfener Stein eines anderen Spielers gerufen. Rufe haben eine Rangfolge. |
Im normalen Spielablauf kommt jeder Spieler reihum entgegen dem Uhrzeigersinn an die Reihe, zieht einen Stein vom lebenden Ende der Mauer, stellt ihn in seine Hand und wirft einen anderen (oder den gleichen) Stein unter Nennung seines Namens ab. Die Rufe durchbrechen diesen Gang der Dinge.
Wenn ein Spieler mit dem gerade abgeworfenen Stein eine Figur auslegen oder sogar Mah Jongg ansagen kann, so kann er unter bestimmten Umständen diesen Stein rufen. Es können nur die gerade abgeworfenen Steine gerufen werden. Sobald der nächste Spieler eine Stein von der Mauer zieht, ist der abgeworfene Stein des vorhergehenden Spielers "tot" und kann in diesem Spiel nicht mehr verwendet werden.
Wenn ein Spieler einen Stein rufen möchte und darf, sagt er "Chow zum Mah Jongg" oder "Kong" oder einen anderen der möglichen Rufe an. Wenn kein anderer Spieler einen höheren Ruf hat, nimmt er den gerufenen Stein aus dem Feld in der Mitte, stellt ihn aber auf keinen Fall in seine Hand hinein, denn das würde diesen Stein ja der Kontrolle der Mitspieler entziehen. Mah Jongg ist ein in kleinen Dingen sehr pingeliges Spiel und sieht für diesen Verstoß sogar Strafpunkte vor. Die gerufene Figur wird also sofort ausgelegt. Danach wird wie üblich ein Stein abgelegt und das Spiel setzt sich bei dem nächsten, also dem rechts vom Rufer sitzenden Spieler fort.
Rufe können mit einer Ausnahme von jedem beliebigen Platz aus erfolgen. Wenn also ein Stein gerufen wird, so passiert es häufig, daß Spieler übersprungen werden, also aussetzen müssen. Die Ausnahme ist der Ruf zum Chow. Zum Chow darf nur der Spieler rufen, der sowieso an der Reihe gewesen wäre, also der Spieler rechts vom Abwerfenden.
Mitunter geschieht es, daß zwei oder mehr Spieler denselben Stein rufen. Dann entscheidet zunächst die Höhe des Rufes, wer der Besitzer des Steines wird. Die Rufe werden in folgender Reihenfolge angeordnet, und auch nur diese Rufe sind möglich:
Wenn mehrere Spieler gleichrangige Rufe ausstoßen, entscheidet die Sitzreihenfolge. Der Spieler, der dem abwerfenden Spieler am nächsten sitzt, erhält den Stein. Eine andere - bei uns nicht gespielte - Regel besagt, daß in diesem Fall die Zählung beim Ostwind beginnt, was dem Nordwind-Spieler einen geringfügigen Nachteil bringt.
Tatsächlich ist es schon vorgekommen, daß vier Spieler je einen weißen Drachen besaßen und auf einen zweiten Drachen zur Bildung des Schlußpaars warteten. Das Spiel ging Remis aus. Hätte einer der Spieler seinen weißen Drachen abgeworfen, so hätte es drei Rufe "Paar zum Mah Jongg" gegeben.
Das Rufsystem beinhaltet einige taktische Raffinessen. So kann man beispielsweise mit dem Ruf zum Pung so lange warten, bis klar ist, ob der am Zug befindliche Spieler den Stein zum Chow ruft und nur in diesem Fall zum Pung rufen. Damit hat der Chow-Rufer unfreiwillig Informationen preisgegeben, die vielleicht für die eigene Spielstrategie eine Rolle spielen.
Rufe erfordern eine schnelle Entscheidung. Die Höflichkeit gebietet es deshalb, mit dem Ziehen eines Steines von der Mauer einige Sekunden zu warten, damit die Mitspieler sich entscheiden können, ob sie den geworfenen Stein rufen wollen. Um diese Situation noch fairer zu gestalten, wurde der zusätzliche Ruf "Halt" eingeführt, der das Spiel unterbricht und so Zeit zum Nachdenken verschafft. Wenn man sich klar geworden ist, ob man rufen möchte oder nicht, ruft man entweder oder gibt durch "Weiter!" zu verstehen, daß man darauf verzichtet.
Ein einmal getätigter Ruf ist bindend. Spieler, die einen Stein rufen ohne die Figur legen zu können, werden mit Strafpunkten belegt. Insbesondere, wenn dadurch andere Spieler zur Informationspreisgabe verleitet wurden, gilt das als schwere Sünde. Letzteres passiert beispielsweise, wenn ein Spieler fälschlicherweise Mah Jongg ansagt und ein anderer Spieler daraufhin seine Steine aufdeckt. Das zeigt auch wie wichtig es ist, einen Stein beim Abwerfen korrekt zu bezeichnen. Viele Spieler schauen nicht in die Mitte sondern vertrauen darauf, daß der Abwerfende seinen Stein richtig benennt.