Wir verließen Röstange auf einer schmalen Straße, die kurvenreich durch ein menschenleeres Waldgebiet führte. Wachholder stand kerzengrade auf den Lichtungen, Pferde grasten auf Wiesen, hier und da leuchtete ein Haus auf kurzgeschnittenem Rasen, und einmal begegnete uns ein spazierengehender Fasan. Das einzige Fahrzeug, das wir trafen, war ein Rasenmäher, der die Bankette schnitt. Typisch Schweden also, summierten wir unsere Erfahrungen auf. Als es auf Mittag zuging, erreichten wir Bosjökloster, ein am Ufer des Ringsjön gelegenes Anwesen, das auf der Landseite an einen Golfplatz grenzt. Der Eintrittspreis von 80 Kronen bewog einige Besucher zum Umkehren. Wir hatten uns diesen Platz als Mittagsrastplatz ausgesucht und ließen uns nicht abschrecken. Im Inneren fand der Besucher in einem winzigen Museum Exponate aus den Jahrhunderten lebhaften Klosterlebens. Ein ausgezeichnet geschriebener Prospekt gab zusätzliche Erläuterungen. In weiteren Räumen wurden Gläser und farbig bedruckte Stoffe einer hochwertigen handwerklichen Manufaktur verkauft. Ein junges Mädchen stürzte gleich auf uns zu, um uns die künstlerischen Details der Muster zu erläutern. Sie kam aus Polen, sprach nur englisch und polnisch und arbeitete normalerweise in den Pferdeställen. Heute half sie im Museum aus und steckte immer wieder in peinlichen Situationen, wenn sie schwedischen Besuchern erklären mußte, daß sie deren Sprache nicht beherrschte.
Wir entdeckten das Restaurant, sahen uns den Spielplatz und das Seeufer an und wanderten durch den Klosterpark. In abgezäunten Gehegen standen Ziegen, Lamas und Kühe. ,,Du führst mich in einen Tierpark, um mir Kühe zu zeigen¿` fragte Hildegard lachend. Wir hatten beide angenommen, daß der andere den Park sehen wollte, wären aber beide eigentlich lieber gleich eingekehrt. Nun bewunderten wir konsequenterweise auch noch die Schafe und Pferde, bevor wir uns der Gaststätte zuwandten. Ein schwedisches Buffet war angerichtet, und für weniger als 20 DM ließen wir Vorgericht, Suppe, Salat, Fischgericht, Fleischgericht und Kaffee aufeinander folgen. Besonders der Sild verdient eine extra Erwähnung, denn so hervorragend eingelegten Fisch suche ich in dieser Qualität zu Hause bislang vergebens. Gut gesättigt gingen wir zu unseren Rädern zurück und schwatzten noch etwas mit der Kassiererin, einer Studentin, die sich über ihre Studienrichtung -- Französisch -- überhaupt nicht sicher war und nun die Zeit bis zu einer Entscheidung mit einer Ferienarbeit überbrückte.
Es hatte zu nieseln begonnen. Wir packten unsere Capes aus und fuhren mutig in den grauen Schleier hinein. Über Erd- und Asphaltstraßen rollten wir nach Südwesten. Es ging leicht bergan, und der Wind ließ uns auch im Stich. Endlich hörte der Regen auf, und wir konnten wieder frei in die Pedale treten. Unsere ausgedehnte Mittagspause hatte viel Zeit gekostet, und wir waren froh, als wir endlich Lund erreichten. Die Stadt empfing uns sehr freundlich mit einer Informationstafel, an der man sich aus einem Automaten kostenlos einen Stadtplan entnehmen konnte. Das sollten sich die Tourismusämter anderer Kommunen als Beispiel nehmen! Ohne Umwege fuhren wir durch die Gassen der alten Universitätsstadt nach Süden zum Campingplatz, der nichts weiter als eine Wiese neben dem städtischen Freibad war. Nur wenige Zelte und eine Handvoll Wohnmobile hatten dort Quartier genommen. Das Bad war für uns zugänglich, und zum Bad gehörte eine Sauna, so daß wir gar nicht lange zögerten und bald in unseren Schwitzräumen saßen. Die schwedische Sauna unterscheidet sich ein wenig von unserer: Ich empfand es als relativ kühl dort drin, war aber mit meiner Meinung offenbar allein, denn alle anderen stürzten schon nach kurzer Zeit schweißgebadet wieder hinaus. Ich verweilte etwas länger, um auf meine Kosten zu kommen und fühlte mich danach viel wohler.
Ein Abendessen im trockenen Aufenthaltsraum des Bades beendete den Tag.