Lektion 29, Grammatik

29.1.   Yarimorai-Dōshi やみもらい動詞

Es gibt in der japanischen Sprache einige Dōshi, die häufig im Anschluß an die TE-Form von Dōshi verwendet werden, um — ganz allgemein gesagt — die Richtung der bezeichneten Handlung in bezog auf die beteiligten Personen auszudrücken.

Zu diesen Dōshi, die auch selbständig als Vollverben auftreten können (s. u. Satz 1 – 3), gehören solche, die ein „Geben“, „Erhalten“, „Bekommen“ usw. beinhalten. Je nach dem (soziativen) Verhältnis von Sprecher, Partner oder einer dritten Person zueinander kommen verschiedene Dōshi (mit unterschiedlichem Höflichkeitsgrad) dafür in Frage.

Überblicksweise werden die wichtigsten Yarimorai-Dōshi やみもらい動詞 in bezog auf die erste Person gegeben; behandelt werden jedoch in dieser Lektion nur die Dōshi der neutralen Ebene.

Yamimorai-Doushi
  1. ヘルマンさんからもらった本は、私が長い間捜していて、なかなか見つからなかった本です。
    Das Buch, das ich von Herrn Herrmann (geschenkt) bekommen habe, ist eins, das ich lange gesucht, aber gar nicht gefunden habe.
  2. 友だちのシュミットさんに日本民謡のレコードをあげました
    Ich habe meinem Freund Schmidt Platten mit japanischer Volksmusik geschenkt.
  3. 小川先生は誕生日のプレゼントに珍しい日本の美術品をくれました
    Herr Ogawa hat mir als Geburtstagsgeschenk einen seltenen japanischen Kunstgegenstand gegeben ( = geschenkt).
morau drückt aus, dass der Sprecher bzw. das Subjekt von jemandem etwas „erhält“, „bekommt“; durch das Joshi NI oder KARA wird derjenige gekennzeichnet, von dem der Sprecher bzw. das Subjekt etwas erhält (s. Satz 1).

ageru drückt aus, dass der Sprecher bzw. das Subjekt jemandem etwas „gibt“, „schenkt“. Derjenige, dem etwas gegeben wird, wird durch das Joshi NI gekennzeichnet (s. Satz 2).

kureru drückt aus, dass jemand ( = Subjekt) dem Sprecher oder Personen, die seinem Kreis (Familie, Freunde usw.) angehören, etwas „gibt“, „schenkt“. Derjenige, dem etwas gegeben wird, wird durch das Joshi NI gekennzeichnet (s. Satz 3).

Die Personen der Handlung werden oft nicht gekennzeichnet.

  1. 私は一週間に一度下宿のおばさんに部屋を掃除してもらいます
    Meine Wirtin macht mir einmal in der Woche das Zimmer sauber ( = ich bekomme einmal in der Woche von meiner Wirtin das Zimmer saubergemacht).
  2. 部屋の中の空気が悪いと気持が悪くなってしまいますから、時々五分ぐらい窓を開けてもらいたいですね。
    Weil ich mich nicht wohl fühle, wenn die Luft im Zimmer schlecht ist, möchte ich gern ab und zu das Fenster für fünf Minuten geöffnet haben.
  3. あした午後二時ごろ会社に電話をかけてもらえませんか。
    Könnten Sie mich nicht morgen nachmittag um 14 Uhr in der Firma anrufen?
  4. 今度は私が代って運転してあげましょうか。
    Soll ich jetzt für Sie fahren?
  5. 一人の老人が大きい荷物を持ってバスに乗ってきたので、私が座席を立ってあげました
    Weil ein alter Mann/eine alte Frau mit großem Gepäck in den Bus eingestiegen war, bin ich für ihn/sie aufgestanden.
  6. 友だちが到着時間を正確に教えてくれなかったので、私は出迎えに行けませんでした。
    Weil mir mein Freund die Ankunftszeit nicht genau mitgeteilt hatte, konnte ich ihn nicht abholen gehen.
  7. 誕生日に友だちがたくさん集まってくれて、私はとてもうれしく思いました。
    Ich habe mich sehr gefreut, weil viele Freunde zu mir zum Geburtstag gekommen waren.
Durch -te morau wird ausgedrückt, dass die betreffende Handlung von jemandem zugunsten des Sprechers bzw. des Subjekts ausgeführt wird (s. Satz 4 – 6). Das Agens wird durch das Joshi NI oder auch KARA gekennzeichnet.

Durch -te ageru wird ausgedrückt, dass die betreffende Handlung vom Sprecher bzw. dem Subjekt zugunsten von jemandem ausgeführt wird. Durch das Joshi NI wird derjenige gekennzeichnet, auf den die Handlung gerichtet ist (s. Satz 7, 8).

Durch -te kureru wird ausgedrückt, dass die betreffende Handlung von jemandem zugunsten des Sprechers oder ihm nahestehender Personen ausgeführt wird. Durch das Joshi NI wird derjenige gekennzeichnet, auf den die Handlung gerichtet ist (s. Satz 9, 10).

Anstelle von morau, ageru und kureru, die der neutralen Ebene angehören, werden jedoch häufig entsprechende höfliche Verben benutzt:

für morauitadaku
für agerusashiageru
für kurerukudasaru
(Höflichkeitsformen werden ausführlich in Lektion 41 behandelt.)

29.2. -te/-de + WA て/では

Das Joshi WA tritt häufig im Anschluß an die TE-Formen von Yōgen, insbesondere Dōshi, auf. Es bewahrt dabei seine hervorhebende und betonende Funktion. Abhängig vom Kontext lassen sich mehrere Verwendungsarten unterscheiden.
  1. あまりお酒を飲んでからだを悪くしますよ。
    Wenn Sie allzu viel Alkohol trinken, schädigen Sie Ihre Gesundheit.
  2. 私は辺りがうるさくて勉強できません。
    Wenn es in der Umgebung laut ist, kann ich nicht lernen.
  3. 台所で髪をとかして困ります。
    Es geht nicht, dass man sich in der Küche kämmt.
  4. 小さいことですぐ腹を立ててなりません。
    Über Kleinigkeiten soll man sich nicht gleich ärgern.
  5. 教室の中でたばこを吸っていけないことになっています。
    Es ist festgelegt, dass man im Seminarraum nicht rauchen darf.
  6. 空港で写真をとって駄目ですか。
    Auf dem Flugplatz darf man nicht fotografieren?
  7. 若い時に一生懸命勉強しなくていけませんよ。
    Solange Sie jung sind, müssen Sie eifrig lernen.
  8. 言いたいことをはっきり言わなくていけません。
    Es geht nicht, wenn Sie nicht deutlich sagen, was Sie sagen möchten ( = Sie sollten deutlich sagen, …).
  9. あの人は、いつも昔を思い出して泣いています。
    Er/sie weint immer, wenn er/sie sich an früher erinnert.
  10. 田中さんはおかしいことを言って自分で笑っています。
    Herr Tanaka erzählt komische Sachen und lacht jedesmal selbst dabei.
  11. きょうは曇っていますが、あまり寒くありません。
    Bewölkt ist es zwar heute, aber es ist nicht allzu kalt.
  12. この店には何でも売っていますが、とても高いですよ。
    Zu kaufen gibt es in diesem Geschäft alles, aber es ist sehr teuer.
Durch -te/-de WA wird ein starker, direkter Konditional ausgedrückt; er kann nur verwendet werden, wenn es sich inhaltlich um Sachverhalte handelt, die ungünstig, nachteilig oder unzulässig sind.

Im Hauptsatz folgen oft Wendungen wie:

ikemasen es geht nicht, es ist schlecht
narimasen es wird nicht(s) (stärker und formeller als ikemasen)
dame desu es geht nicht, es ist zwecklos
komarimasu es ist schwierig, es ist schlimm
Dadurch wird die vor -te/-de WA genannte Handlung oder das Merkmal als „unmöglich“, „nicht zugelassen“, „nicht wünschenswert“, „verboten“ charakterisiert (s. Satz 1 – 8). Abhängig von der positiven oder negativen Form des Prädikats vor -te/-de WA (die negativen Formen werden mit -nakute gebildet) kommen für die Übersetzung ins Deutsche häufig die Modalverben „(nicht) dürfen“, „(nicht) sollen“ oder „müssen“ in Frage.
Durch -te/-de WA wird ferner eine Art Frequentativ bezeichnet (s. Satz 9, 10). Die Wiederholung oder Gewohnheitsmäßigkeit der Handlung kann durch lexikalische Zusätze wie tokidoki, itsumo u. a. nach verdeutlicht werden.

Durch das Joshi WA kann schließlich die vorher genannte Handlung oder das Merkmal betont werden, WA wird dabei zwischen die TE-Form und das folgende „Hilfsverb“ eingeschoben (s. Satz 11, 12). Nachfolgend wird oft etwas Unvermutetes ausgedrückt. Bei der Übersetzung ins Deutsche kann diese Nuance nur durch die Intonation oder die Spitzenstellung des Verbs wiedergegeben werden.

29.3.   Das Joshi MADE まで

  1. 会議は終わるまで、まだ二時間ぐらいかかるでしょう。
    Bis die Konferenz zu Ende ist, wird es wohl noch ungefähr zwei Stunden dauern.
  2. きょうはいつもよりおそくなると思いますが、私が家に帰るまで待っていて下さい。
    Ich glaube, dass es heute später als sonst wird, warten Sie bitte, bis ich nach Hause komme!
  3. 学生が全部来るまで待ってから講義を始めます。
    Ich fange erst mit der Vorlesung an, nachdem ich gewartet habe, bis alle Studenten gekommen sind.
  4. 博物館では、足が痛くなって歩けなくなるまで、見て回りました。
    Ich bin im Museum herumgelaufen, bis mir die Füße weh taten und ich nicht mehr laufen konnte.
Das Joshi MADE kann auch nach der Rentaikei von Dōshi auftreten. Vor MADE stehen keine verneinten oder Vergangenheitsformen. MADE grenzt den Rahmen, innerhalb dessen die Handlung oder der Vorgang abläuft, zeitlich oder nach ihrem Ausmaß ein. Dem Komplex mit MADE können andere Joshi bzw. da/desu folgen (vgl. 5.2.).
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