Ein Schichtdicken-Messgerät mit der NSW-Technik der 70-er Jahre: Mikroprozessoreinheit in Schuhkartongröße mit Zifferntastatur und Kassenbondrucker. Ein serielles Terminal ist anscheinend optional, ein Röhrenterminal ist jedoch permanent angeschlossen.
Konventionelle Glühlampe, Verstellung des Ablenkprismas mit Schrittmotor, Lichtmessung mit Fotovervielfacher-Röhre (PMT), Gleichspannung geht zum A/D-Wandler, ein Operationsverstärker, Versorgung mit vermutlich ±15 V. Der Transverter für die 1..2 kV für den Fotovervielfacher befindet sich im Messkopf (= der riesige schwarz-weiße Kasten über dem monokularen Mikroskop). Der Netztrafo ist im „Schuhkarton“ enthalten und generiert auch 110 V∿.
Das Verbindungskabel zwischen Prozessor-Schuhkarton und Messkopf hat einen total exotischen Steckverbinder und führt munter sowohl 110 V∿ als auch Schrittmotor-Adern und die Versorgung für den OPV. Also richtig gefährlich: Ein Kurzschluss, und die Folgeschäden sind unüberschaubar! Aber das Messsignal ist nicht mit dabei, das ist extra ein gewöhnliches RG58-BNC-Kabel.
Am Messkopf befinden sich folgende Abgleichelemente (alles schön durch Reverse-Engineering herausbekommen, Dokumentation = Null):
Es ist ungefähr hier beschrieben.
Auf die Schicht wird von oben Weißlicht (mit bekannter spektraler Verteilung) gegeben. Gemessen wird der spektrale Verteilung des von der Schicht reflektierten Lichts. Dies erfolgt mechanisch(!) mit einem via Schrittmotor verstellbaren Prisma. Diese Anordnung ist also genau kalibriert. Da man bei der Konstruktion auf Referenzfahrt und Endschalter verzichtet hat, gibt es ein mechanisches Zählwerk, welches nm anzeigt und vom Bediener auf korrekte Anzeige geprüft werden muss: Der Computer fragt den Zählerstand beim Programmstart ab, in der Regel steht er bei 480.
Die vom Verstellprisma durch einen Schlitz durchgelassene Wellenlänge wird mit dem Fotodetektor in Form des Fotostroms gemessen und durch einen Strom-Spannungs-Wandler mit OPV via (stets positivem) Spannungssignal zum Rechner gegeben. Dieser spuckt dann bei gegebener Materialkombination die Schichtdicke aus. Die eingebauten Rechenverfahren sind closed-source.
Durch laterales Verschieben des Wafers kann die Gleichmäßigkeit der Schichtdicke überprüft werden. Vertikale Schwankungen spielen keine Rolle.
Bei diesem Gerät ging die Messung nicht mehr zuverlässig. (Ziemlich schwammig, wie immer, wenn man dem Operator was aus der Nase ziehen will.) Ein eingebautes 3½-stelliges LED-Digitalvoltmeter mit 110 V∿ Speisung war mausetot.
Zunächst wusste ich nichts vom Aufbau und Handhabungsvorschriften für PMTs. Warnschilder: Fehlanzeige! So habe ich die Röhre unter Laborlicht ausgebaut und muss mich über einen Empfindlichkeitsverlust nicht wundern. (Sie wird „blind“.) Ersatzteil 1500 €. Hm. Viel Kohle für eine Leiche. Aber vielleicht war's auch vorher kaputt. Mit der neuen Röhre geht das Gerät wieder und misst die Schichtdicke zuverlässig. Möglicherweise hätte man nur die Abgleichpotenziometer mal richtig eingestellen müssen, anstatt sich im Messkopf umzusehen.
Kein Wunder, dass man keinen Lichtstrahl sieht! Der Fotovervielfacher ist viel, viel empfindlicher als das menschliche Auge.
Mit dem Digitalvoltmeter wird der Arbeitspunkt kontrolliert. Dieser misst einfach die (Gleich-)Spannung auf dem Koaxialkabel, das zur Rechnereinheit führt. Das war wohl einfacher als den Wert auf das Terminal auszuspucken. Heutzutage vollkommener Blödsinn. Da mir Ersatzbeschaffung unzweckmäßig erschien, habe ich ein BNC-T-Stück, ein kurzes BNC-Kabel sowie einen Adapter BNC-Buchse-auf-Bananenstecker beigelegt. Damit kann man den Abgleich mit einem billigen und allgegenwärtigen Hand-Digitalmultimeter durchführen, wenn erforderlich.
So ein Monster-Rechner im Schuhkarton ist nicht nur wenig zeitgemäß, das Problem ist vor allem, dass, wenn dieser kaputt geht, die gesamte Messapparatur wegen Nichtverifizierbarkeit der Rechnung verloren ist.
Besser wäre es, hier einen neuen Computer zu nutzen und den Messkopf mit einem USB-Mikrocontroller auszustatten. Mein Liebling: ATmega mit V-USB, Arduino Leonardo, Pro Micro oder PIC16F1455. (Ich denke mal, 10 Bit A/D-Auflösung genügen, wenn nur der Messbereich gut ausgenutzt wird.) Dieser muss nicht viel tun: Er sollte auf Geheiß des Steuerrechners die Lampe einschalten, muss den Schrittmotor steuern und das Licht messen. Treiberloses HID macht den Messkopf problemlos überall anschließbar. Strom kommt dann bloß noch von einem einfachen Steckerschaltnetzteil. Dann kann man das neu zu schreibende Schichtdicken-Messprogramm so lange überprüfen und korrigieren, bis das neue und alte Programm gleiche Werte liefern. Das neue Programm kann auf einem grafischen Display auch den Spektralverlauf ausspucken u.v.a.m. Als Computer bietet sich ein gewöhnlicher PC genauso an wie ein RaspberryPi mit Touchscreen oder ein Smartphone. Durch die künftige Quelloffenheit wäre das Gerät für alle Zeit nutzbar.
Mit etwas Glück lässt sich der Fotovervielfacher durch einen viel billigeren Halbleiter-Detektor ersetzen, wenn die Verstärkungsstrecke dann hinreichend rauscharm ist.
Wäre das nicht etwas für einen Praktikanten?