Lizenz zum Löten

Man glaubt gar nicht, wie viele mit dem Lötkolben herumklecksen und wie wenige damit wirklich arbeiten können!

Was man wozu braucht

Als Ausrüstung ist eine Lötstation ideal, aber auch teuer. (Die billigen Geräte von C*nrad sind kaum besser als ein Kolben.) Aber auch mit einem einfachen Kolben lässt sich professionell arbeiten. Eine Art Temperatur-Regelung (im einfachsten Fall ein Schnurschalter mit einer Diode für halbe Leistung oder Omas Stelltrafo zum alten Fernseher) ist immer zweckmäßig.

Als Hilfsmittel dient „Lötzinn“ (in Wirklichkeit ein »Rohr« aus einer Zinn-Blei-Legierung, gefüllt mit Flussmittel), ein feuchter Schwamm (zur Reinigung des Kolbens - zur Not tut's auch eine Ecke Papier), ein Lötkolben-Halter (ich favorisiere dazu einen alten, gestürzt aufgestellten Lautsprecher, an dessen Magnet der Kolben haftet), ein sanftes Flussmittel (Löthonig, in Spiritus aufgelöstes Kolofonium) und oft auch ein kräftiges Flussmittel (Klempnerausrüstung im Baumarkt für Kupfer-Wasserrohre).
Das meiste Flussmittel »verbraucht« man durch Verschütten. Ärgerlicherweise braucht man für verschüttetes Kolofonium viel Spiritus und Lappen zum Reinigen; bei Wasserrohr-Flussmittel genügt Wasser. Deshalb: Gefäße kippsicher aufstellen (bspw. bei Kolofonium ein schweres Stahlblech unter die Flasche kleben), teigige, aber nicht eintrocknende Massen bevorzugen, auch wenn sie vielmal teurer sind.

Zum Auslöten mehrbeiniger Bauelemente ist eine Entlötpumpe praktisch und auch billig; mit einem Absaug-Lötkolben lässt sich rationeller arbeiten, braucht aber ebenfalls einige Pflege.
Die Entlötpumpe sollte natürlich dicht sein (beim Zuhalten der Öffnung darf der Pumpenkolben nur langsam hochgehen) und leicht gehen. Neue Pumpen sollten mit Silikonfett (nicht mit Öl) leichtgängig gemacht werden. Mit gedämpften Pumpen werden i. d. R. bessere Ergebnisse erzielt als mit solchen, die bei offener Spitze schnell an den Endanschlag knallen.
Die Pumpe ist gelegentlich auszuräumen; Zinn sollte wiederverwendet werden!
Der oft zu lange Metall-Dorn darf m. E. soweit gekürzt werden, dass er bei neuer Teflon-Spitze beim Durchdrücken 1 mm herausguckt.

Entlötlitze eignet sich recht schlecht zum Auslöten; man benötigt sie allenfalls zur Vorbereitung von SMD-Lötflächen nach dem Aus- und vor dem Wiedereinlöten.

Das Flussmittel hat den Zweck, die Lötstelle und das bei Löt-Temperatur schnell oxydierende Zinn metallisch blank zu machen - dann fließt das Zinn von selbst in den Spalt hinein und bildet die gewünschten schlanken Kegelformen. Deshalb ist beim mehrfachen Löten an Steckern u. ä. die Zugabe von Flussmittel wichtiger als die von Zinn, denn das Zinn verbraucht sich nur wenig.

Beim Einlöten von Bauelementen in neue Leiterplatten genügt das im Lötzinn enthaltene Flussmittel - allerdings nur, wenn der Kolben nicht zu heiß ist.

Für großflächige Entlöt- und Lötarbeiten eignet sich eine Heißluftpistole.

Bestücken

Die Leiterplatte sollte vor dem Löten dünn mit Kolofoniumlösung eingestrichen werden (nicht ratsam bei kleinen SMD-Bauteilen, s. u.), sowohl damit es sich gut lötet als auch zur Konservierung (Schutz des verbleibenden Kupfers vor Oxydation). Der Lötdraht sollte von links und der Kolben von rechts an das Lötauge gehalten werden.
Der Lötdraht sollte nicht mit dem Lötkolben direkt in Berührung kommen, weil so das Flussmittel am Kolben wirkungslos verpufft: es soll die Lötstelle und nicht den Kolben reinigen. Im Idealfall sollte überschüssiges Flussmittel den fertigen Lötkegel leicht bedecken.

Eine grobe Unsitte ist es, in Ermangelung einer dritten Hand das Zinn auf den Kolben zu geben und damit zu löten. Allenfalls, wenn man die Lötstelle mit Flussmittel eingestrichen hat, führt dieses Verfahren zu einer guten Lötstelle, verschwendet aber das Flussmittel im Lötdraht komplett. Diese Arbeitsweise eignet sich allerdings recht gut, um altes Zinn aus einer Entlötpumpe aufzubrauchen.

Die optimale Lötstelle dauert gerade eine »Lötsekunde«, als Anfänger sollte man besser mit einem weniger heißen Lötkolben 2..3 Sekunden pro Lötstelle arbeiten. Auch wenn sich dadurch die Bauelemente mehr erwärmen - so schnell gehen sie nicht kaputt.

Zum Halten von Leiterplatten und (erst recht) Steckverbindern ist ein Schraubstock wesentlich besser geeignet als eine »dritte Hand« aus (zu kleinem) Gewicht und zwei Krokodilklemmen. Für große Leiterplatten sollte es ein Bestückungsrahmen sein.

SMD-Bauelemente (Zweibeiner und Mövenflügel-Gehäuse) zu verlöten ist nicht schwer: Eine (und nur eine!) Lötfläche bekommt einen Zinn-Haufen, darin wird das Bauelement hineingedrückt und in der Lage korrigiert, und danach an der diagonalen Ecke beginnend Pin für Pin verlötet. Natürlich sollte die Lötspitze genügend »scharf« und der Lötdraht genügend dünn sein.
Die Betonung liegt auf „scharf“ (scharfkantig), nicht notwendigerweise „spitz“. Die klassische Meißelform hat gegenüber der Bleistiftspitze den Vorteil des besseren Wärmehaushalts.
Keinesfalls darf ein einseitig angelötetes Bauteil in einen weiteren Zinn-Haufen gedrückt werden! (Ausnahme: SMD-Becher-Elkos) Will man die Lötfläche nicht erst abräumen, ist es besser, das SMD-Bauteil schief stehen zu lassen und das Zinn am Anschluss hochzuziehen. Das sieht unprofessionell aus.

Häufig sieht man (nicht nur bei Anfängern), dass SMD-Bauteile mit viel zu viel Zinn aufgelötet werden. Gerade hier ist eine schlanke Hyperbelform anzustreben. Bedingungen dazu sind absolut frische SMD-Bauteile (nicht oxydiert), die man max. 1 Woche vorher aus der Verpackung nimmt, sowie eine absolut oxidfreie, wenige Minuten »alte« Leiterplatten-Oberfläche. Älteren Bauteilen und Leiterplatten wird per Vorverzinnung zu Leibe gerückt. (Bauteile, erst recht SMD-Bauteile, sollten niemals unverpackt herumliegen!)

Als Bastler sollte man es vermeiden, PLCC-Gehäuse zu verlöten, für diese gibt es preiswerte Fassungen.
Normalerweise werden diese Gehäuse nur mit Lötpaste, einem sehr teuren und wenig haltbaren Gemenge aus Zinnpulver und Flussmittel, und im Reflow-Ofen oder Heißluft-Lötgerät verarbeitet.

Moderne beinlose Gehäuse (Bezeichnungen QFN, VQFN u.ä.) lassen sich überraschend gut von Hand löten, weil sich beim Löten nichts seitlich verbiegen kann. Man muss nur vorher die Lötflächen perfekt lötfähig machen (bspw. hauchdünn vorverzinnen).

Bei BGA-Gehäusen (Ball Grid Array, Lötperlen-Matrix) hat der Kolben ausgedient; es gibt keine Fassungen dafür, da muss ein Ofen oder die folgende Vorrichtung her.

Im Eigenbau hat sich bei mir eine Anordnung aus Bügeleisen (Unterhitze, Vorwärmung) und Heißluftpistole (Oberhitze, Schmelzvorgang) bewährt, zumindest für einseitig SMD-bestückte Leiterplatten. Die im Foto rechte Leiterplatte ist in Vorwärm-Position, die linke im Schmelzvorgang. Das Handhaben der Leiterplatten mache ich mit einer gebogenen Telefonzange. Durch mäßiges Klopfen mit der Zange am Bügeleisen rütteln sich die SMD-Bauteile in die Mittellage. Natürlich bügle ich damit keine Kleidung mehr.

Eine sauber gelötete fertige Leiterplatte braucht man eigentlich nicht zu waschen, in der Industrie oder bei Klecksereien mit Flussmittel sollte sie in einem Spiritusbad oder mit Leiterplatten-Reiniger aus der Spraydose gewaschen werden. Mit Spiritus allein verbleiben hässliche weiße Flecken; daher empfiehlt es sich hier, anschließend dünn und gleichmäßig mit Kolofoniumlösung einzupinseln. Abdecklack sollte man nur verwenden, wenn man nichts mehr löten muss.

Jenseits der Leiterplatte

Feine Litzen und insbesondere Koaxialkabel werden nicht mit dem Messer oder der Abisolierzange entmantelt, sondern mit dem Lötkolben. Mit einiger Übung sieht der thermische Schnitt nicht viel schlechter aus als der mit dem Messer, und Zweckmäßigkeit geht immer vor Schönheit. Mit »kaltem« Werkzeug lassen sich abgerissene Litzefäden nie vermeiden: Unbeteiligtes Schirmgeflecht kann die HF-Dichtheit von Koaxialkabel empfindlich stören!

Das Verzinnen von Litzedrähten gelingt mit aggresiverem Flussmittel besser als mit Löthonig, und heute übliche verchromte Cinch- und Klinken-Steckverbinder lassen sich praktisch nur mit kräftigem Flussmittel löten bzw. vorverzinnen. Solches Flussmittel gibt es im Baumarkt in praktischer Pastenform aus der Tube für das Löten von Kupferrohren. Reste dieses Flussmittels müssen jedoch gründlich entfernt werden, z. B. mit einem feuchten Lappen oder dem Schwamm, sonst führen sie zu Korrosion oder sogar elektrischen Durchschlägen. (Auf Leiterplatten hat es nichts zu suchen - führt zu Prasselstörungen. Bei Leiterplatten aus FP4 (Cevausit) kann man mittels Klempnerlötpaste eine schnelle und hochwirksame, hervorragend lötbare Vorverzinnung, insbesondere von SMD-Lötpads, erreichen; eine so vorverzinnte Leiterplatte ist vor dem Bestücken mit Wasser und Seife zu waschen.) Bei Massenfertigung ist ein Zinnbad (z. B. als Lötkolben-Vorsatz) effektiver.

Wichtig: Verzinnte Drahtenden dürfen nicht (in Lüsterklemmen o.ä.) geklemmt werden!
Das war früher gang und gäbe, führt aber bei Kontaktschwierigkeiten zum Wegschmelzen des Zinns und damit zu noch schlechterer Kontaktgabe und schließlich zum Brand. Zum Klemmen entweder lose Litze in Klemmen mit Beilage oder Federklemmen verwenden, Adernendhülsen aufcrimpen oder Kabelschuhe anlöten.

Steckverbinder sollten zum Löten generell in eine passende Buchse gesteckt und diese in einen Schraubstock gespannt werden, um das Verbiegen von Stiften beim Anschmelzen des Plastträgers zu vermeiden. Die Lötkolben-Temperatur sollte höher liegen als für Leiterplatten, damit der Prozess zügig verläuft und die Plaste »keine Zeit« zum Aufschmelzen bekommt. Auch das »Anblasen« von Lötstellen hilft zur nachträglichen Kühlung; war das Zinn noch flüssig, wird die Oberfläche matt = kalte Lötstelle!

Weil für Kupferdraht, Zinndraht und Lötkolben noch eine dritte Hand fehlt, sollten die Anschlüsse zunächst reichlich verzinnt werden; danach werden die verzinnten Kabelenden in das nochmals zu erwärmende Zinnbett oder -loch gedrückt. Dazwischen ist ggf. noch einmal sanftes Flussmittel aufzutragen.

Bei vielen Steckverbindern ist das Abisolieren in der richtigen Länge, bisweilen sogar in verschiedenen Längenstufen, unabdingbar Voraussetzung, dass man den Stecker auch noch zu und alles hinein bekommt! Außerdem sollte man vor dem Festlöten Tüllen u. ä. auf das Kabel ziehen!

Entlöten

Generell braucht man zum Entlöten eine höhere Kolben-Temperatur.

Zweibeinige Bauelemente werden einseitig erwärmt und dann aus dem einen, dann aus dem anderen Loch gezogen. Besser als ein Schraubendreher zum Hebeln eignet sich ein kleiner eiserner Haken, z. B. eine umgebogene Rouladennadel, zum Ziehen.
Wegen umgebogener Anschlussdrähte muss man oft mit viel Kraft heran; das Umbiegen vorher kostet zu viel Zeit; mit dem Lötkolben ausgeführt riskiert man außerdem die Lötspitze, sie ist nicht zum Hebeln da.

Beim Auslöten von Schaltkreisen erwärmt man mit dem Kolben die Lötstelle, und saugt danach mit der senkrecht aufgestellten Entlötpumpe das Zinn weg.
Zwischen Wegnehmen des Kolbens und Auslösen der Pumpe sollte natürlich so wenig wie möglich Zeit verstreichen - das bedarf einiger Übung. Keinesfalls sollte die Pumpe mit dem Kolben in Berührung kommen, das nutzt die Teflonspitze vorschnell ab.
Der Vorgang ist ggf. zu wiederholen, bis rings um das Bein eine Lücke sichtbar ist. Ggf. ist das Bein mit dem Kolben vorher mittig zu biegen.

Bei durchkontaktierten Leiterplatten kann man sich die Arbeit wesentlich erleichtern, indem man die Leiterplatte senkrecht in einen Schraubstock spannt, mit dem Lötkolben bestückungsseitig erwärmt und mit der Pumpe »in aller Ruhe« leiterseitig absaugt.
Zur Kontrolle auf saubere Löcher sollte jedes Bein hin- und hergewackelt werden; ggf. noch mal absaugen. Bisweilen reißt dabei ein Stück der hauchdünnen(!) Durchkontaktierung heraus - aber das ist immer noch besser als mit dem Herausziehen des Schaltkreises ganze Leiterzüge abzuheben.
Bei sehr engen Löchern bleibt keine andere Wahl als den Schaltkreis Bein für Bein abzukneifen und dann die Pins auszulöten; danach sind die Löcher mit der o. g. Methode auszusaugen.

SMD-Bauelemente abzulöten gestaltet sich als schwierig, wenn man dazu keinen speziellen Kolben hat. Aber es gelingt ganz gut mit 2 Kolben, zwei- bis dreipolige Bauelemente herunterzubekommen.
Für zweireihige SMD-Schaltkreise gibt es dünnes Entlöt-Blech, welches man von der Mitte her unter die heißgemachten Beine schiebt.
Quadratischen Chips ist praktisch nur mit Heißluft beizukommen, oder man riskiert den Schaltkreis und biegt Bein für Bein hoch. Bei PLCC hat man da aber schlechte Karten.

Ist der Schaltkreis ohnehin defekt, ist es immer gut, die Beine rundherum mit scharfem Messer (Cutter) abzuschneiden und diese einzeln abzulöten. Vor dem Aufsetzen des Ersatzschaltkreises müssen die Lötflächen plan entzinnt werden.

Dichtbestückte SMD-Baugruppen können mit der oben angegebenen Reflow-Anordnung bearbeitet werden. Umliegende Bauteile nehmen durch die Erwärmung kaum Schaden (außer Steckverbinder: mit Abschirmblech oder Alufolie den Luftstrom weglenken!); da es bei solchen Aktionen leicht passieren kann, dass weitere SMD-Bauteile herunterfallen, sollte man vorher(!) vom Leiterplatten-Ausschnitt mit einer geeigneten Digitalkamera Makro-Fotos ggf. von beiden Seiten machen! Abschirmblech gewinnt man beim Ausschlachten von alten Fernsehern oder Monitoren.

BGA-Gehäuse, wie sie bei größeren FPGAs und modernen PC-Chipsätzen gang und gäbe sind, können ebenso abgelötet werden. Sie sind nicht dazu gedacht, wieder eingelötet zu werden: ex und hopp. Für besonders wertvolle Chips gibt es spezialisierte Firmen, die die Lötkugeln wieder aufsetzen können. Inzwischen gibt es dafür auch Reball-Sets bei Alibaba oder Ebay zu kaufen. Ein mitgeliefertes Video, oft in zweifelhafter Qualität, zeigt wie es einzusetzen ist. Wenn's schief geht, man hat mehrere Versuche.

Tatsächlich sind viele Notebook-Ausfälle auf schlecht gelötete BGA-Chips zurückzuführen. Man mus jedoch sein Notebook schon sehr lieben, um da eine Reparatur vorzunehmen, finde ich.