Sommer, Sonne, SUP – eine großartige Möglichkeit, den Urlaub zu verbringen. Während langer Touren komme ich unweigerlich an Fragen der Hydrodynamik und so habe ich mich gefragt welchen Auftrieb mein SUP eigentlich hat. Eine kurze Recherche zeigt, dass das gar nicht so einfach zu beantworten ist – vor allem, wenn man kein Physiker ist
Schon die erste vermeintlich einfache Frage nach dem Auftrieb eines SUP-Boards stellte mich vor Herausforderungen, denn Hersteller geben das Volumen so gut wie nie an. (Ich vermute, dass diese Angaben schlichtweg nicht systematisch erhoben werden.). Einzig die Maße der maximalen Länge \(L\), Breite \(B\) und Dicke \(D\) (Tiefe) und die Tragkraft werden angegeben.
Formfaktor \(f\)
Ein KI-Tool schlug vor, das Volumen als H × B × T (also als Quader) zu berechnen und anschließend mit einem Formfaktor \(f\) zu multiplizieren. Im Prinzip eine gute Idee – ich erhielt unter anderem folgende typische Richtwerte:
Board-Typ
Formfaktor (Faustwert)
Aufblasbares Allround-SUP
0,85 – 0,92
Aufblasbares Race/Touring
0,80 – 0,88
Hardboard Allround
0,75 – 0,85
Hardboard Race/Touring
0,70 – 0,80
Merksatz:
Je kantiger und klotziger das Board, desto näher an 1,0;
je stärker es sich vorne/hinten verjüngt, desto kleiner der Faktor.
Dabei:
\[
V = \frac{L \cdot B \cdot D \cdot f}{1000}
\]
\[
\begin{aligned}
V & = \text{Volumen in Litern} \\
L & = \text{Länge in cm} \\
B & = \text{Breite in cm} \\
D & = \text{Dicke in cm} \\
f & = \text{Formfaktor (zwischen 0{,}70 und 0{,}92)}
\end{aligned}
\]
Doch auch hier zeigte eine kurze Recherche, dass die Formfaktoren praktisch nie von den Herstellern angegeben werden. Nur auf Hompage von Alpkit habe ich einen Wert gefunden – \(f = 0,6\) –, der allerdings überhaupt nicht zu den oben gezeigten Richtwerten passt.
Berechnung von Volumen und Formfaktor
Also machen wir das mal selbst. Für die Volumenabschätzung von SUP-Boards kann man sich ziemlich gut mit der Volumenformel eines Prismas behelfen: aus der Grundfläche \(G\) und der Höhe \(h\) ergibt sich näherungsweise \[V=G \cdot h\]
Klingt einfach – wäre da nicht das Problem, dass auch die Grundfläche \(G\) in den Herstellerangaben nirgends auftaucht.
Also bin ich einen kleinen Umweg gegangen: Ich habe mir die Produktbilder in verschiedenen Online-Shops genommen, daraus Vektorgrafiken der Boardform gebaut und über die Anzahl der „Pixel“ die die Grundfläche geschätzt. Zusammen mit den Angaben zu Länge, Breite und Dicke der Boards lässt sich so das Volumen berechnen.
Für den Einstieg habe ich recht spontan zehn SUP-Boards aus Onlineshops ausgewählt. Zur groben Validierung habe ich zusätzlich drei Boards mit vorhandenen Volumenangaben aufgenommen (die Angaben habe ich allerdings erst nachträglich gefunden).
# 0. Skalierungsfaktor von Pixel zu Zentimeter bestimmen# H (Länge) entspricht Skal_h Pixeln, B (Breite) entspricht Skal_b Pixeln.# Aus beiden Richtungen einen mittleren cm-pro-Pixel-Faktor berechnen.cm_pro_px <- (sups$L / sups$Skal_l + sups$B / sups$Skal_b) /2# Grundfläche G in cm^2 aus der Pixel-Fläche Ao_px berechnenG_cm2 <- sups$Ao_px * cm_pro_px^2# 1. Volumen in Litern berechnenVol <- G_cm2 * sups$h /1000Vol
Unsere berechneten Volumenwerte sehen ziemlich plausibel aus. Bei den drei Boards, bei denen ein Vergleich möglich ist, zeigen unsere Schätzungen eine leichte positive Verzerrung: Anhand der Grafiken überschätzen wir das Volumen konsistent um etwa 20 Liter.
Das ist nicht überraschend: leichte Unschärfe, Perspektive, Licht und Schatten können dazu führen, dass das Board in der Vektorgrafik ein kleines bisschen mehr „Pixel“ hat. Unterm Strich ist das Ergebnis aber immer noch eine recht brauchbare Näherung.
Formfaktor
Kommen wir zu den Formfaktoren. In unseren Daten liegen sie grob zwischen 0,77 und 0,85. Das weicht deutlich von den oben gezeigten Richtwerten ab, die für Allround-SUPs eher höhere Formfaktoren nahelegen. Berücksichtigt man zusätzlich, dass wir das Volumen tendenziell leicht überschätzen, wären die „wahren“ Formfaktoren eher noch etwas kleiner.
Für Allround-SUPs würde ich einen Formfaktor von 0,75 bis 0,85 vorschlagen um realistischer zu sein. Übersetzt heißt das: Die Boards sind in der Praxis weniger „klotzig“, als es manche Standardannahmen vermuten lassen.
Tragkraft
Zum Schluss habe ich die Tragkraft berechnet. Da Wasser eine Dichte von \(\rho \approx 1{,}000\,\mathrm{kg/m^3}\) hat, lässt sie sich näherungsweise direkt aus dem Volumen bestimmen (\(1\,\text{L} \approx 1\,\text{kg}\)). Der Einfachheit halber bleibe ich bei der Einheit Kilogramm und verzichte auf die korrekte Angabe der Gewichtskraft in Newton.
Anschließend können wir unsere berechnete Tragkraft mit den Herstellerangaben vergleichen.
# Lineares Modell mod_lin <-lm(sups$Max_Tragkfraft ~ Vol)# Scatterplot mit Regressionsgeradeplot( Vol, sups$Max_Tragkfraft,xlab ="Volumen (L)",ylab ="max. Tragkraft (kg)",main =paste0("Volumen vs. Tragkraft (r = ",round(cor(Vol, sups$Max_Tragkfraft), 2), ")"))abline(mod_lin, lwd =2)
summary(mod_lin)
Call:
lm(formula = sups$Max_Tragkfraft ~ Vol)
Residuals:
Min 1Q Median 3Q Max
-30.175 -16.567 -4.957 16.771 30.212
Coefficients:
Estimate Std. Error t value Pr(>|t|)
(Intercept) -49.7505 49.2530 -1.010 0.3420
Vol 0.6316 0.1636 3.861 0.0048 **
---
Signif. codes: 0 '***' 0.001 '**' 0.01 '*' 0.05 '.' 0.1 ' ' 1
Residual standard error: 22.12 on 8 degrees of freedom
Multiple R-squared: 0.6508, Adjusted R-squared: 0.6071
F-statistic: 14.91 on 1 and 8 DF, p-value: 0.0048
Dabei zeigt sich, dass die angegebenen maximalen Belastungen sehr hoch mit der berechneten Tragkraft korrelieren. Im linearen Modell zeigt sich ein Anstiegskoeffizient von \(b=0,6\). Die Herstellerangaben sind aus Sicherheitsgründen also zurückhaltend, außerdem planen sie per se einen „Puffer“ von 50 kg (Intercept) ein.
Eine logarithmische Transformation von Volumen und Tragkraft würde den Zusammenhang vermutlich noch etwas besser abbilden. Für unsere kleine Beispielanalyse mit \(N = 10\) bleibt es hier aber bei der einfachen linearen Regression in den Originaleinheiten.
Gerade bei Inflatable-SUPs muss man außerdem berücksichtigen, dass der lokale Druck und die daraus resultierende Steifigkeit des Boards eine wichtige Rolle spielen. In diesem Kontext ist es plausibel, den Intercept Anstieg der Regression als konservative Schätzungen im Sinne einer Sicherheitsreserve zu verstehen.