Volumenberechnung bei SUP

… und der Formfaktor

R
Sport
Author

Markus Burkhardt

Published

July 12, 2025

Motivation

Sommer, Sonne, SUP – eine großartige Möglichkeit, den Urlaub zu verbringen. Während langer Touren komme ich unweigerlich an Fragen der Hydrodynamik und so habe ich mich gefragt welchen Auftrieb mein SUP eigentlich hat. Eine kurze Recherche zeigt, dass das gar nicht so einfach zu beantworten ist – vor allem, wenn man kein Physiker ist

Schon die erste vermeintlich einfache Frage nach dem Auftrieb eines SUP-Boards stellte mich vor Herausforderungen, denn Hersteller geben das Volumen so gut wie nie an. (Ich vermute, dass diese Angaben schlichtweg nicht systematisch erhoben werden.). Einzig die Maße der maximalen Länge \(L\), Breite \(B\) und Dicke \(D\) (Tiefe) und die Tragkraft werden angegeben.

Formfaktor \(f\)

Ein KI-Tool schlug vor, das Volumen als H × B × T (also als Quader) zu berechnen und anschließend mit einem Formfaktor \(f\) zu multiplizieren. Im Prinzip eine gute Idee – ich erhielt unter anderem folgende typische Richtwerte:

Board-Typ Formfaktor (Faustwert)
Aufblasbares Allround-SUP 0,85 – 0,92
Aufblasbares Race/Touring 0,80 – 0,88
Hardboard Allround 0,75 – 0,85
Hardboard Race/Touring 0,70 – 0,80

Merksatz:
Je kantiger und klotziger das Board, desto näher an 1,0;
je stärker es sich vorne/hinten verjüngt, desto kleiner der Faktor.

Dabei:

\[ V = \frac{L \cdot B \cdot D \cdot f}{1000} \]

\[ \begin{aligned} V & = \text{Volumen in Litern} \\ L & = \text{Länge in cm} \\ B & = \text{Breite in cm} \\ D & = \text{Dicke in cm} \\ f & = \text{Formfaktor (zwischen 0{,}70 und 0{,}92)} \end{aligned} \]

Doch auch hier zeigte eine kurze Recherche, dass die Formfaktoren praktisch nie von den Herstellern angegeben werden. Nur auf Hompage von Alpkit habe ich einen Wert gefunden – \(f = 0,6\) –, der allerdings überhaupt nicht zu den oben gezeigten Richtwerten passt.

Berechnung von Volumen und Formfaktor

Also machen wir das mal selbst. Für die Volumenabschätzung von SUP-Boards kann man sich ziemlich gut mit der Volumenformel eines Prismas behelfen: aus der Grundfläche \(G\) und der Höhe \(h\) ergibt sich näherungsweise \[V=G \cdot h\]

Klingt einfach – wäre da nicht das Problem, dass auch die Grundfläche \(G\) in den Herstellerangaben nirgends auftaucht.

Also bin ich einen kleinen Umweg gegangen: Ich habe mir die Produktbilder in verschiedenen Online-Shops genommen, daraus Vektorgrafiken der Boardform gebaut und über die Anzahl der „Pixel“ die die Grundfläche geschätzt. Zusammen mit den Angaben zu Länge, Breite und Dicke der Boards lässt sich so das Volumen berechnen.

Für den Einstieg habe ich recht spontan zehn SUP-Boards aus Onlineshops ausgewählt. Zur groben Validierung habe ich zusätzlich drei Boards mit vorhandenen Volumenangaben aufgenommen (die Angaben habe ich allerdings erst nachträglich gefunden).

Datensatz

Hier der Datensatz.

library(readxl)
library(curl)
library(knitr)
sups <- read_excel(
  curl_download(
    url = "https://www-user.tu-chemnitz.de/~burma/blog_data/SUPs.xlsx", destfile = "SUPs.xlsx"))[, 1:13]
kable(sups)
Nr Hersteller L B h Max_Tragkfraft Max_PSI Skal_b Skal_l Ao_px Vol_calc_gpt Ff_gpt Ff_ang
1 ALLPICK_a 335.0 84.0 15.0 180 15 129 490 50436 352.20 0.830 NA
2 FunWater 320.0 83.0 15.0 170 18 166 627 80576 312.50 0.780 NA
3 AirFun 305.0 76.0 15.0 150 20 133 567 62930 271.20 0.780 NA
4 Crivit 305.0 79.0 12.0 100 15 101 362 30438 181.23 0.630 NA
5 ALLPICK_b 320.0 81.0 15.0 172 NA 123 488 46821 287.67 0.740 NA
6 Aqua Marina 340.0 84.0 15.0 150 15 123 502 52472 352.57 0.823 NA
7 JOBE 320.0 81.3 15.2 140 NA 112 458 42880 266.97 0.675 NA
8 Fanatic 294.6 81.3 12.0 80 NA 159 602 79054 NA NA NA
9 Alpkit 330.0 84.0 15.0 150 15 118 474 44123 288.30 0.690 0.6
10 Deck 289.6 78.7 12.7 93 17 111 413 38050 289.45 0.560 NA
Variablenlegende anzeigen


Variable Bedeutung
Nr laufende Nummer des Boards
Hersteller Board-/Herstellerbezeichnung
L Länge des Boards in cm
B Breite des Boards in cm
D Dicke des Boards in cm
Max_Tragkfraft maximale Tragkraft in kg (Herstellerangabe)
Max_PSI maximaler Luftdruck in PSI (Herstellerangabe)
img_b Bildbreite des Produktfotos in Pixeln
img_h Bildhöhe des Produktfotos in Pixeln
U_px Umfang der Boardkontur im Bild in Pixeln
Skal_b Skalierung Breite (cm pro Pixel)
Skal_h Skalierung Höhe (cm pro Pixel)
Ao_px Grundfläche des Boards im Bild in Pixeln

Berechnung von Volumen (1) und Formfaktor (2)

# 0. Skalierungsfaktor von Pixel zu Zentimeter bestimmen
#    H (Länge) entspricht Skal_h Pixeln, B (Breite) entspricht Skal_b Pixeln.
#    Aus beiden Richtungen einen mittleren cm-pro-Pixel-Faktor berechnen.
cm_pro_px <- (sups$L / sups$Skal_l + sups$B / sups$Skal_b) / 2

# Grundfläche G in cm^2 aus der Pixel-Fläche Ao_px berechnen
G_cm2 <- sups$Ao_px * cm_pro_px^2

# 1. Volumen in Litern berechnen

Vol <- G_cm2 * sups$h / 1000
Vol
 [1] 336.9984 308.4574 290.4184 241.0428 303.2801 364.0623 330.6845 237.4892
 [9] 328.0522 240.2547
# 2. Formfaktor
Vol_Quader <- (sups$L * sups$B * sups$h) / 1000

Ff <- Vol / Vol_Quader

kable(data.frame(Vol, Ff) )
Vol Ff
336.9984 0.7983853
308.4574 0.7742403
290.4184 0.8352558
241.0428 0.8336544
303.2801 0.7800415
364.0623 0.8498186
330.6845 0.8362375
237.4892 0.8263029
328.0522 0.7889662
240.2547 0.8300321

Volumen

Unsere berechneten Volumenwerte sehen ziemlich plausibel aus. Bei den drei Boards, bei denen ein Vergleich möglich ist, zeigen unsere Schätzungen eine leichte positive Verzerrung: Anhand der Grafiken überschätzen wir das Volumen konsistent um etwa 20 Liter.

Das ist nicht überraschend: leichte Unschärfe, Perspektive, Licht und Schatten können dazu führen, dass das Board in der Vektorgrafik ein kleines bisschen mehr „Pixel“ hat. Unterm Strich ist das Ergebnis aber immer noch eine recht brauchbare Näherung.

Formfaktor

Kommen wir zu den Formfaktoren. In unseren Daten liegen sie grob zwischen 0,77 und 0,85. Das weicht deutlich von den oben gezeigten Richtwerten ab, die für Allround-SUPs eher höhere Formfaktoren nahelegen. Berücksichtigt man zusätzlich, dass wir das Volumen tendenziell leicht überschätzen, wären die „wahren“ Formfaktoren eher noch etwas kleiner.

Für Allround-SUPs würde ich einen Formfaktor von 0,75 bis 0,85 vorschlagen um realistischer zu sein. Übersetzt heißt das: Die Boards sind in der Praxis weniger „klotzig“, als es manche Standardannahmen vermuten lassen.

Tragkraft

Zum Schluss habe ich die Tragkraft berechnet. Da Wasser eine Dichte von \(\rho \approx 1{,}000\,\mathrm{kg/m^3}\) hat, lässt sie sich näherungsweise direkt aus dem Volumen bestimmen (\(1\,\text{L} \approx 1\,\text{kg}\)). Der Einfachheit halber bleibe ich bei der Einheit Kilogramm und verzichte auf die korrekte Angabe der Gewichtskraft in Newton.

Anschließend können wir unsere berechnete Tragkraft mit den Herstellerangaben vergleichen.

# Lineares Modell 
mod_lin <- lm(sups$Max_Tragkfraft ~ Vol)

# Scatterplot mit Regressionsgerade
plot(
  Vol, sups$Max_Tragkfraft,
  xlab = "Volumen (L)",
  ylab = "max. Tragkraft (kg)",
  main = paste0("Volumen vs. Tragkraft (r = ",
                round(cor(Vol, sups$Max_Tragkfraft), 2), ")")
)

abline(mod_lin, lwd = 2)

summary(mod_lin)

Call:
lm(formula = sups$Max_Tragkfraft ~ Vol)

Residuals:
    Min      1Q  Median      3Q     Max 
-30.175 -16.567  -4.957  16.771  30.212 

Coefficients:
            Estimate Std. Error t value Pr(>|t|)   
(Intercept) -49.7505    49.2530  -1.010   0.3420   
Vol           0.6316     0.1636   3.861   0.0048 **
---
Signif. codes:  0 '***' 0.001 '**' 0.01 '*' 0.05 '.' 0.1 ' ' 1

Residual standard error: 22.12 on 8 degrees of freedom
Multiple R-squared:  0.6508,    Adjusted R-squared:  0.6071 
F-statistic: 14.91 on 1 and 8 DF,  p-value: 0.0048

Dabei zeigt sich, dass die angegebenen maximalen Belastungen sehr hoch mit der berechneten Tragkraft korrelieren. Im linearen Modell zeigt sich ein Anstiegskoeffizient von \(b=0,6\). Die Herstellerangaben sind aus Sicherheitsgründen also zurückhaltend, außerdem planen sie per se einen „Puffer“ von 50 kg (Intercept) ein.

Eine logarithmische Transformation von Volumen und Tragkraft würde den Zusammenhang vermutlich noch etwas besser abbilden. Für unsere kleine Beispielanalyse mit \(N = 10\) bleibt es hier aber bei der einfachen linearen Regression in den Originaleinheiten.

Gerade bei Inflatable-SUPs muss man außerdem berücksichtigen, dass der lokale Druck und die daraus resultierende Steifigkeit des Boards eine wichtige Rolle spielen. In diesem Kontext ist es plausibel, den Intercept Anstieg der Regression als konservative Schätzungen im Sinne einer Sicherheitsreserve zu verstehen.