In der Vorlesung Forschungsmethoden behandelte ich im Rahmen der Regressionsrechnung auch Moderatoranalysen. Dabei nutzte ich den Interaktionsplot. Dann wies mich ein Student auf eine alternative Darstellungsweise hin: den Johnson-Neyman-Plot. Diese Methode, die in einer Publikation von 1950 vorgestellt ist, war mir bis zu diesem Zeitpunkt unbekannt. Der Johnson-Neyman-Plot bietet eine weitere Möglichkeit, Moderatoreffekte darzustellen, indem er eine präzisere Visualisierung der Bedingungen ermöglicht, unter denen der Moderator eine signifikante Auswirkung auf die abhängige Variable hat.
Glücklicherweise gibt es in dem R-Paket interactions (Long, 2014) schnelle, einfache und visuell ansprechende Grafiken auf Basis von ggplot.
Beispieldaten
Die Daten stammen aus der Studie von Keith (1986) und illustrieren den moderierenden Effekt der intellektuellen Fähigkeiten (ich nenne das im folgenden auch IQ) auf den Zusammenhang zwischen TV-Konsum und Schulleistung. (Die Daten sind im Lehrbuch von Kieth, 2013 hinterlegt.)
Um die Moderationseffekte korrekt zu berechnen, werden die Daten, wie es auch in vielen Lehrbüchern empfohlen wird, zunächst zentriert. Das bedeutet, dass der Mittelwert der jeweiligen Variablen subtrahiert wird, um Verzerrungen durch extreme Werte zu vermeiden und die Interpretation der Ergebnisse zu erleichtern.
Call:
lm(formula = Achieve ~ TV_z * IQ_z, data = tv_abil)
Residuals:
Min 1Q Median 3Q Max
-20.1721 -3.8580 0.1569 3.8564 17.0245
Coefficients:
Estimate Standardized Std. Error t value Pr(>|t|)
(Intercept) 49.75889 NA 0.27137 183.364 < 2e-16 ***
TV_z -0.35629 -0.07174 0.15634 -2.279 0.0231 *
IQ_z 0.60896 0.66222 0.02869 21.223 < 2e-16 ***
TV_z:IQ_z -0.11548 -0.21827 0.01644 -7.026 7.06e-12 ***
---
Signif. codes: 0 '***' 0.001 '**' 0.01 '*' 0.05 '.' 0.1 ' ' 1
Residual standard error: 5.972 on 496 degrees of freedom
Multiple R-squared: 0.533, Adjusted R-squared: 0.5301
F-statistic: 188.7 on 3 and 496 DF, p-value: < 2.2e-16
Interpretation des Moderators
Interessanterweise zeigt sich ein negativer Zusammenhang zwischen dem Moderator (intellektuelle Fähigkeiten) und dem Verhältnis zwischen TV-Konsum und Schulleistung. Bei hohen intellektuellen Fähigkeiten ist der Zusammenhang zwischen TV-Konsum und Schulleistung weniger stark oder sogar negativ – je mehr TV geschaut wird, desto schlechter wird die Schulleistung. Bei niedrigen intellektuellen Fähigkeiten hingegen kehrt sich dieser Zusammenhang um: Hier zeigt sich ein positiver Effekt, was bedeutet, dass mehr TV-Konsum mit einer besseren Schulleistung korreliert.
Es gibt einen deutlichen Moderator Effekt \(\beta = -0.22 (p <0.01)\)
Interaktionsplot
Der Interactions-Plot unterteilt die Moderator-Variable (Achtung! - der Moderator ist der IQ, nicht der multiplikative Interaktionsterm) in drei Gruppen, basierend auf den Standardabweichungen. Anschließend werden für jede dieser Teilgruppen separate Regressionen dargestellt. So wird der unterschiedliche Anstieg des Zusammenhangs zwischen TV-Konsum und Schulleistung je nach Ausprägung des Moderators (der intellektuellen Fähigkeiten) deutlich sichtbar.
library(interactions)interact_plot(model = Mod_Modell2, pred = TV_z, modx = IQ_z, data = tv_abil,plot.points = T)
Johnson Neyman-Plot
Der Johnson-Neyman-Plot stellt auf der Y-Achse die Wirkung des Moderators (Veränderung des Zusammenhangs zwischen Moderator und Kriterium) und auf der X-Achse die Ausprägung des Moderators. In diesem Fall wird einfach der Koeffizient des Interaktionsterms \(b_{TV\times IQ} = -0.1155\) mit der Ausprägung des zentrierten IQ-Werts (IQ_z) multipliziert.
johnson_neyman(model = Mod_Modell2, pred = TV_z, modx = IQ_z)
JOHNSON-NEYMAN INTERVAL
When IQ_z is OUTSIDE the interval [-6.51, -0.41], the slope of TV_z is p <
.05.
Note: The range of observed values of IQ_z is [-25.40, 29.60]
Um das zu verdeutlichen: Für eine Person mit einem IQ von \(+15\) Punkten über dem Durchschnitt ergibt sich die Kovarianz zwischen TV-Konsum und Schulleistung wie folgt: \[+15 \cdot -0.1155 = -1.7325\] Das bedeutet, dass der negative Zusammenhang zwischen TV-Konsum und Schulleistung für diese Person eine Stärke von -1.7325 Einheiten hat. Mit anderen Worten, Bei einem hohen IQ wirkt der TV-Konsum negativ(er), auf die Schulleistung.
Das blaue Band um den Anstieg im Johnson-Neyman-Plot zeigt die Anstiegskoeffizienten, die signifikant vom Wert \(b_{TV_z}= 0\) abweichen. Mit anderen Worten, es wird angezeigt, in welchem Bereich der Moderator (in diesem Fall der IQ) einen signifikanten Einfluss auf den Zusammenhang zwischen TV-Konsum und Schulleistung hat.
Der rote Bereich stellt die Nullhypothese (\(H_0\)) dar, was bedeutet, dass in diesem Bereich der Moderator keinen signifikanten Einfluss auf die Beziehung zwischen den Variablen hat.
Zusätzlich wird der Wertebereich des IQ durch einen dicken schwarzen Strich markiert. Dieser Strich hilft dabei, abzuschätzen, welche Personen von welchem Effekt betroffen sind. Er zeigt an, in welchem Bereich des IQs der Moderatoreffekt signifikant ist und ab welchem Punkt eine Veränderung im Zusammenhang von TV-Konsum und Schulleistung zu erwarten ist. (Nicht selten liegen die blauen, signifikanten Bereiche außerhalb des empirischen Wertebereichs der Stichprobe.)
Keith, T. Z., Reimers, T. M., Fehrmann, P. G., Pottebaum, S. M., & Aubey, L. W. (1986). Parental involvement, homework, and TV time: Direct and indirect effects on high school achievement. Journal of educational psychology, 78(5), 373.
Keith, T. (2013). Multiple Regression and Beyond. Pearson International. https://elibrary.pearson.de/book/99.150005/9781292053806