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Babcock's Regeln für MAH-JONGG.
Bekannt unter dem Namen: The Red Book of Rules. von J. P. Babcock, Shanghai (China)

Zweite Auflage. Durchgesehen und erweitert mit offiziellen Regeln und Beispielen und erläuterten Partien.
MAH-JONGG COMPANY G. M. B. H. FRANKFURT A. M. (1924?)

Babcock

Vorwort
Hier stellt Babcock seine besonderen Verdienste für die Verbreitung des Mah-Jongg-Spieles auch außerhalb Chinas dar. Der Autor hat wohl 1920 als erster die englischen Index-Zahlen auf den Spielsteinen des chinesischen Spieles eingeführt und auf diese Weise das Spiel für Nicht-Chinesen "verständlich" gemacht. Wenn man bedenkt, dass es zu dieser Zeit keine zusammenfassenden (abendländischen) Regelwerke gab, so ist Babcocks Leistung durchaus sehr hoch einzuschätzen.

Das Mah-Jongg Spiel
Hier wird das Zubehör eines Mah-Jongg-Spieles beschrieben: die 136 Steine, die Zählstäbchen sowie die Mingg-Dose zum Aufbewahren der Platzsteine. Babcock erklärt das ganze Spiel ohne die Verwendung der Blumen- und Jahreszeitensteine; siehe auch weiter unten bei "Mah-Jongg mit den Goofs oder Jahreszeiten".

Die Spielregeln
Babcock erläutert den Aufbau und den Durchbruch der Mauer sowie den Spielbeginn mit dem Ziehen der Steine von der Mauer. Hierzu gibt es vier detaillierte Abbildungen. Der Autor unterscheidet sehr schön zwischen Partie (ein Spiel) und Runde (jeder Spieler war einmal Ostwind).

Es wird der prinzipielle Ablauf des Spieles geschildert, d. h. das Ablegen, Ansagen und Ausrufen der Steine. Besonders ausführlich erklärt Babcock die Spielfiguren, die er "Pung", "Chow" und "Vier-von-einer-Sorte" nennt. Die möglichen Spielsituationen werden eingehend vorgestellt, z. B. das Vorrecht von "Pung" über "Chow" usw.

Es gibt aber auch - heute unübliche - Spielweisen. So darf z. B. ein abgelegter Stein noch zum "Pung" gerufen werden, auch wenn der nachfolgende Spieler bereits (s)einen Stein von der lebenden Mauer gezogen hat. Jedoch darf nicht mehr "gepungt" werden, sobald dieser Spieler einen Stein abgelegt hat.

Das Ende des Spiels, also das Erreichen der "Mah-Jongg-Hand", wird erläutert. Dabei folgt Babcock der heute gebräuchlichen Regel, dass ein abgelegter Stein demjenigen "Mah-Jongg-Rufer" zur Vollendung seiner Hand gehört, der als nächster in der regulären Spielfolge an der Reihe wäre. Anschließend wird der Sonderfall der Beraubung "des Vierten" zum Mah-Jongg erklärt.

Es folgen die Beschreibung der Abrechnung der Partie, die Erklärung der "toten Hand", das Ende eines Spiels als "Remis" (alle Steine der lebenden Mauer sind verbraucht, bevor einer der Spieler Mah-Jongg ansagt) und der Sonderfall, dass ein Spieler "Mah-Jongg" mit dem letzten möglichen Stein erreicht.

Regel über Unregelmäßigkeiten
Babcock erläutert die Regeln und das Vorgehen für folgende Situationen:

Allgemein lässt sich feststellen, dass der Autor eher ohne Strafen (außer bei der "toten Hand", die in keinem Fall gewertet und abgerechnet wird) oder gar Strafpunkte auskommt, sondern eher auf Höflichkeit setzt und für eine gewisse Rück- bzw. Nachsicht der Spieler untereinander plädiert.

Berechnungstabelle für Mah-Jongg
Die Berechnung der Spielfiguren wird beschrieben. Es wird das Setzen eines Limits empfohlen. Dabei stimmen die Punkte für Pung, Chow, Vier-von-einer-Sorte mit den auf dieser Seite gemachten Angaben überein. Unterschiede ergeben sich für den Gewinner einer Partie (Extra-Prämien für die Mah-Jongg-Hand) sowie bei den Verdopplungen. Bei Babcock gibt es weniger Spielfiguren, die zur Verdopplung des Wertes eines Spielbildes führen, auch gibt es nur "eine" bzw. "drei" Verdopplungen. Siehe aber "Berechnung nach Gütdünken".

Als bei der Abrechung besonders wertvolle Spielbilder (Spezialhände) beschreibt Babcock lediglich "Die Hand der Erde" und "Die Hand des Himmels" sowie eine besondere "Mah-Jongg-Variante", nämlich "Die glücklichen Dreizehn": Ein Spieler braucht nach der Verteilung der Steine seiner Meinung nach nur noch einen Stein zum Mah-Jongg. Dann kann er diese Absicht bekannt machen, bevor Osten seinen ersten Stein ablegt. Der Spieler darf seine (ursprüngliche, verdeckte) Hand nicht mehr verändern, d. h. er darf keinen abgelegten oder gezogenen Stein in diese hineinstellen! Für Osten gilt sinngemäß, dass er diese Absicht vor dem Ablegen seines 14. anfänglich gezogenen Steins anmelden muss. Kein Spieler ist aber an diese Meldung im Verlauf des weiteren Spiels gebunden, er kann seine Hand nachträglich verändern, dann jedoch nur noch auf "normalem" Weg ein Mah-Jongg erreichen.

Winke für die Berechnung des Mah-Jongg
Auf drei Seiten werden die zuvor gezeigten Bewertungstabellen noch einmal schriftlich erläutert und in Aussagen wie "eine Folge (Chow) zählt keine Punkte", "Dreier-Kombinationen (Pung) aus Drachen, Winden, Ecksteinen zählen doppelt soviel wie aus den Steinen 2,3,4,5,6,7,8" etc. formuliert.

Beispiele für die Berechnung des Mah-Jongg
In diesem elf Seiten umfassenden Kapitel erläutert Babcock anhand von Beispielen die Berechnung eines Spielbildes. Dabei ist jeweils eine Hand (d. h. die betreffenden Spielsteine) abgebildet und darunter die Erläuterung zur Berechnung gegeben. Hier kommt auch der Fall eines "verdeckten Kongs" zur Sprache, der bei der Abrechnung aber nur als "verdeckter Pung" gewertet werden darf.

Babcock ist sehr bemüht, den (ungeübten) Spieler darauf hinzuweisen, dass es oft mehrere Möglichkeiten zur Vervollständigung einer Hand zum Mah-Jongg gibt und dass es deshalb wichtig ist, seine Hand und die verschiedenen Wege zu ihrer Komplettierung genau zu kennen und zu studieren.

Berechnungen nach Gutdünken
In diesem Teil des Buches beschreibt Babcock die heute unter dem Begriff der "Spezialhände" bekannten (limitierten) Spielbilder, die nur für die Mah-Jongg-Hand abgerechnet werden. Er empfiehlt Anfängern ausdrücklich, diese komplizierten Bilder erst einmal außer Acht zu lassen und nur das "einfache" Mah-Jongg zu spielen bis das notwendige Spielverständnis vorhanden ist.

Unter den aufgeführten Spezialhänden finden sich u. a. das Wind-Spiel, die neun Tore, das Laternenspiel, die dreizehn Waisen, die sieben Zwillinge.

Am Ende des Kapitels erwähnt Babcock auch "Verdopplungen nach Gutdünken". Hierzu zählen einige vorher in der Bewertungstabelle unter " Extra-Prämien" aufgeführte und dort "nur" mit je 10 Punkten bewertete Fälle (z. B. die Beraubung des Vierten zum Mah-Jongg).

Das chinesische Spiel
Dieses fast zwanzig Seiten umfassende Kapitel widmet sich dem ursprünglichen chinesischen Spiel. Babcock erläutert, dass es zu diesem Spiel keine festgeschriebenen Regeln gibt und es auch in jeder Provinz des chinesischen Reiches unterschiedlich gespielt wird. Aus der Vielfalt dieser Spielmöglichkeiten hat der Autor die Regeln für das "westliche" Mah-Jongg-Spiel entwickelt.

Genauer auf dieses "Ur-Spiel" einzugehen, würde den Rahmen dieser Kurzbeschreibung sprengen. Babcocks Erläuterung bezieht sich im wesentlichen auf eine andere Art der Abrechung der Spielbilder. Ein interessantes Detail jedoch ist die so genannte "Mingg-Dose", die sich früher in Spielen befunden hat, um darin die vier Platzsteine aufzubewahren. Diese Dose wird am Anfang des Spieles benötigt, um nach einem relativ komplizierten Verfahren den Sitz des Ostwindes am Tisch zu bestimmen. Dieser Platz wird durch Auswürfeln der Platzsteine ermittelt. Allerdings ist der somit bestimmte Ostwind nicht automatisch der Ostwind der ersten Partie. Weiterhin dient die Mingg-Dose zur Kennzeichnung des jeweils amtierenden Ostwinds.

Variationen des Mah-Jongg
Hier werden Spielvarianten für mehr oder weniger Spieler beschrieben.

Spiel für drei Spieler: Babcock meint, das Spiel sei auch für drei Spieler gleichermaßen geeignet. Zum Spielen werden die vier Westwind-Steine entfernt, die Mauer ist als Dreieck aufzubauen. Ansonsten wird wie üblich verfahren.

Spiel für zwei Spieler: Ein Spieler übernimmt die Ost- und Südwind-Plätze, der andere die Nord- und Westwind-Plätze. Die Spieler wechseln sich als Ost- und Westwind ab. Um das Spiel anspruchsvoller zu machen, sollte vereinbart werden, dass nur Hände als "Mah-Jongg" zählen, die mindestens eine oder zwei verdoppelnde Kombination(en) enthalten.

Spiel für fünf Spieler: Es werden statt der üblichen vier Runden fünf gespielt, ein Spieler setzt jeweils aus. Er bekommt aber nach einem beschriebenen Verfahren auch in diesen Runden Spielmarken (Punkte) zugeschrieben, um sein Interesse am Fortgang des Spiels zu erhalten. Dieses Verfahren ist Babcocks Schilderung nach nur gerecht, da jeder Spieler einmal aussetzen muss.

Besondere Variante, das "Wander-Mah-Jongg". Wenn gleichzeitig zwei Mah-Jongg-Spiele im Gange sind, so kann folgendermaßen verfahren werden: Osten wandert jede Runde weiter. Sind vier Partien gespielt, so wird eine Endabrechnung gemacht. Die beiden Gewinner "wandern" nun jeweils zum anderen Tisch. Die Verlierer müssen am selben Tisch bleiben. Nach einer bestimmten Anzahl von Gesamtrunden wird der Gewinner des "Wanderspiels" ermittelt.

Einmaliges Würfeln, um die Mauer aufzubrechen. Hier wird mit zwei Würfeln nur einmal gewürfelt und sowohl die Mauerseite als auch das Steinpaar zum Aufbrechen durch dieselbe Augenzahl bestimmt.

Mah-Jongg mit den Goofs oder Jahreszeiten
Hier beschreibt Babcock erstmalig die Blumen- und Jahreszeitensteine in Aussehen und Bedeutung, d. h. ihre Zuordnung zu den Winden/Plätzen. Es werden auch die Regeln für Verdopplungen und das Ziehen von Ersatzsteinen (von der toten Mauer) erläutert.

Der Autor lehnt das Spielen mit den Jahreszeiten ab und empfiehlt ihre Verwendung im Spiel nicht, da sie das Spiel unnötigerweise komplizieren, oft zu "toten Händen" führen und den Gang des Spiels aufhalten. Dabei beruft er sich auf die chinesischen Spieler, die stets ohne die Sonderziegel spielen.

Winke und Andeutungen zum Spiel
Im ersten - im allgemeinen für Regelwerke unüblichen - Teil dieses Kapitels beschreibt Babcock die Einzigartigkeit der aus Bambus und Knochen hergestellten Spielsteine eines jeden individuellen Mah-Jongg-Spiels. Heute werden die Spiele natürlich oft in maschineller Produktion hergestellt und mit der Einmaligkeit ist es besonders bei billigen Spielen nicht weit her. Die richtige Pflege und worauf beim Umgang mit den Steinen zu achten ist wird genauer beleuchtet.

Im zweiten Teil gibt Babcock sehr nützliche Tipps für ein kluges Spielverhalten. Er beschreibt die "richtige" (und mit jedem neu gezogen Stein möglicherweise wechselnde) Anordnung der Spielsteine in der Hand eines Spielers, günstige Kombinationsmöglichkeiten, wie z. B. nach beiden Seiten zu ergänzende Folgen, dass unnütze Steine (oft sind das die Drachen- und/oder Windsteine) als erstes abgelegt werden sollten, dass man versuchen sollte, am Schluss nicht auf den einzig möglichen Stein des Abschlusspaares warten zu müssen, etc.

Historisches
Babcock betrachtet das Mah-Jongg als Weiterentwicklung aus verschiedenen Kartenspielen des alten China. Ein besonders interessanter Aspekt ist Babcocks Ansicht, dass sich das Aufbauen der Mauer und ihr Durchbrechen nach einem fixen Ritual als eine Art Schutz vor Unehrlichkeit, Falschspiel und reinem Glücksspiel entwickelt hat - anfänglich wurden die Spielsteine nämlich von einem Haufen in der Mitte des Tisches gezogen.

Zitat: "Sobald die einfachen Grundlagen von Mah-Jongg beherrscht werden, fühlt der abendländische Spieler die ganze Anziehungskraft des Orients und fängt allmählich an, diese ideale Vereinigung von Geschicklichkeits- und Glücksspiel zu schätzen."

Auf den Seiten 116 - 118 befinden sich Werbeanzeigen für verschiedene Mah-Jongg-Sets der Mah-Jongg Company Frankfurt a. M.

Kursiv: Anmerkungen von Norbert U. Kemnitzer


Norbert U. Kemnitzer, Netphen