Walrus-Ameisen nach Bernd Rümmler

Siehe Spektrum der Wissenschaften 1/1998, S. 12ff.
Bernd Rümmler untersucht in seinem Artikel Ameisen. Keine gewöhnlichen Ameisen natürlich, sondern ganz spezielle, die in einer sehr einfachen virtuellen Welt leben. Ihre Welt, die Chris Langton vom Santa-Fe-Institut vor einigen Jahren ersann, ist so einfach, daß eine theory of everything dafür in wenigen Sätzen niederzuschreiben ist.

"Es handelt sich um eine in quadratische Felder aufgeteilte, unbegrenzte Ebene. Jedes Feld hat einen bestimmten Farbton aus einer endlichen Palette. Anfangs ist die gesamte Ebene in der Regel einheitlich gefärbt. Nicht nur räumlich, auch zeitlich ist die Welt diskret: Ihr Zustand ändert sich nicht stetig, sondern plötzlich - jedesmal wenn eine gedachte Uhr tickt.

Ein primitives Wesen, das Langton eine Ameise nennt, sitzt auf einem dieser Quadrate und blickt in eine der vier Himmelsrichtungen. Ihr Verhalten wird diktiert von der Farbe des Feldes, auf dem sie sich gerade befindet. Zu jeder Farbe gibt es eine Regel, die der Ameise sagt, ob sie sich nach rechts oder links wenden soll. Nachdem die Ameise die Regel befolgt hat, färbt sie das Feld mit der Farbe, die auf der Palette im Uhrzeigersinn neben der aktuellen Farbe liegt, und läuft in das vor ihr liegende Nachbarfeld.

Alles, was das Wesen einer Ameise ausmacht, steckt also in ihren Regeln. Die Regel rll bedeutet, 'wende dich auf Farbe 1 nach rechts, auf Farbe 2 nach links, auf Farbe 2 nach links, färbe das Feld, auf dem du noch stehst, mit der Farbe mit der nächsten Nummer (auf Farbe 3 folgt wieder 1) und geh einen Schritt weiter'. Die zugehörige Ameise wird dann einfach rll genannt (Spektrum der Wissenschaft, August 1995, Seite 10).

Mit diesen wenigen Regeln ist das Schicksal einer Ameisenwelt in alle Zukunft vorherbestimmt. Man kann es ausrechnen ..." Soweit Bernd Rümmler. Untenstehendes Applet soll den Leser zu eigenen Experimenten ermuntern. Bernd Rümmler stellt ins seinem Artikel einige interessante Spezies vor, so den einfachsten Vertreter der Gattung, die rl, auch Langtons Ameise genannt. Nach rund 10000 chaotischen Schritten bricht sie aus und beginnt eine Art Autobahn zu bauen. Auch rlrlrlrlrlrlr wird nach einem chaotischen Anfang zum Straßenbauer, während sich rlrrrl und rrlrr eher auf Parkplätze spezialisieren. rll bleibt chaotisch, aber rrlrll ist wieder interessant: Sie baut einen Parkplatz mit wachsender Stadt. Auch rrlrlrr lohnt eine Untersuchung - sie hat sich auf trichterförmige Einflugschneisen spezialisiert.

In den Feldern unten sind die rl-Folgen (in Kleinbuchstaben einzutragen, man kann schrittweise mit anzugebenden Schrittzahlen (Step) vorgehen oder auch eine endlose Rechnung initiieren (Start/Stop).

Das rechte und linke sowie die obere und untere Seite des Feldes sind verbunden. Ameisen, die oben hinausbauen, kommen von unten zurück - und kollidieren so mit ihren eigenen Bauwerken. Außerdem werden die Felder erst dann mit der Farbe 1 eingefärbt, wenn sie die Ameise erstmalig betritt. Dadurch werden unbenutzte Felder deutlich sichtbar.

Dieses Applet können Sie nur betrachten, wenn Ihr Browser Java unterstützt. In diesem Fall schalten Sie bitte die Java-Unterstützung ein und drücken "Reload".

Weiterführende und amüsant zu lesende Untersuchungen der Langton-Ameisen finden sich in den drei Artikeln "Allgemeine Erdbeerfeldtheorie symmetrischer Ameisen", "Allgemeine Erdbeerfeldtheorie synchron tanzender Ameisen" und "Nachlese im Erdbeerfeld", die zusammen im Heft "Mathematische Unterhaltungen II" (Spektrum der Wissenschaft. Dossier 2/2003) erschienen sind.


Viel Spaß!
Ralph Sontag, sontag@mathematik.tu-chemnitz.de