Mit dem Fahrrad durch Rum�nien (1992)

geschrieben von Jens P�nisch <poenisch@wirtschaft.tu-chemnitz.de>

(Die speziellen rum�nischen Buchstaben wurden durch normale Zeichen ersetzt, um die Lesbarkeit nicht gar zu sehr zu erschweren)

Ciine rau - b�ser Hund - ist wohl das gef�hrlichste Tier f�r einen Rad- und Fu�reisenden in Rum�nien. Zwar leben hier auch B�ren, W�lfe und Giftschlangen, aber die bekommt man fast nie zu Gesicht. Es weiden jedoch �berall Schafherden mit einer Unzahl H�tehunde, die sich viel lieber um friedliche Touristen als um Schafe k�mmern.

Meine Frau und ich wandern schon seit vielen Jahren jeden Sommer durch Rum�nien, und im letzten Jahr beschlossen wir, mal das Fahrrad zu benutzen. So fuhren wir etwa 1000 km �ber m��ig gute bis katastrophale Stra�en und Feldwege durch Siebenb�rgen und die Maramures. Um b�se �berraschungen beim Versenden des Rades als Expre�gut zu vermeiden, nutzten wir den Personenzug bis Schmilka und fuhren dann per Rad �ber die Grenze bis nach Decin. Hier gaben wir das Rad f�r unseren Zug als Reisegep�ck bis Prag-Massarykovo Bahnhof auf, radelten zum Hauptbahnhof und lie�en das Rad bis Slovenske Nove Mesto an der ungarischen Grenze wieder per Bahn reisen. Hier nahmen wir unsere Drahtesel in Empfang und lernten zun�chst noch 200 km ungarische Pu�ta kennen.

Die Strecke war wunderbar eben, ausnahmsweise gab es auch keinen Gegenwind, und so erreichten wir z�gig nach anderhalbt�giger Fahrt �ber Tokaj und Debrecen den Grenz�bergang an der Europastra�e 60, die nach Oradea/Gro�wardein in Rum�nien f�hrt. Ein Radfahrverbotsschild mu�te ignoriert werden, eine Weile wurden wir ununterbrochen von Autos und Trucks scharf �berholt, bis wir pl�tzlich vor einer kilometerlangen Schlange standen. Als Radler fuhren wir nat�rlich daran vorbei direkt zum Grenzposten. Nachdem wir uns f�r 50 DM pro Person Visa beschafft hatten, erfuhren wir an der Wechselstelle, da� kein Geld da w�re und wir es in Oradea im Hotel Dacia versuchen sollten.

Und so begann das Abenteuer ohne einen Leu in der Tasche. Wir hatten gewisse Bedenken, denn im letzten Jahr war es uns nicht gelungen, innerhalb des Landes legal Geld zu tauschen. Nach einer Stunde erreichten wir auf der holprigen, aber schwach befahrenen Europastra�e Oradea, die erste Stadt auf rum�nischem Boden. Im Hotel konnten wir tats�chlich ein dickes B�ndel frisch gedruckter Scheine einstecken, und nachdem wir die Hauptverkehrsader verlassen hatten, wurde es nach dem Verlassen der Stadt sehr ruhig. Durch die recht sch�nen Badeorte Baile 1 Mai und Baile Felix/Felixbad ging es auf nun recht h�geliger Strecke am Rande des Bihorgebirges nach S�den. �berall wurden wir angestaunt und gefragt, warum wir nicht mit dem Auto k�men, denn Radwandern ist in Rum�nien noch v�llig unbekannt.

In Beius bogen wir in eine Nebenstra�e Richtung Remetea ab, um unser erstes Ziel, die Meziadh�hle, aufzusuchen. Beim Mittagessen erkl�rte uns eine Frau, da� die H�hle geschlossen h�tte. Da der Kellner jedoch genau das Gegenteil behauptete, lie�en wir uns nicht abschrecken. In Meziad ging die schon reichlich holprige Asphaltstra�e in einen Schotter- und Feldweg �ber, auf dem wir uns bis zur Meziadh�tte k�mpften. Von einer H�hle oder gar einem Hinweis war nichts zu sehen. Nach dem Zeltaufbau begann ich mit der H�hlensuche. Tats�chlich, nach einem weiterem Kilometer Forstweg zweigte ein Trampelpfad steil bergauf in den Wald ab, nach einigen Umherschauen entdeckte ich auch ein Schild mit der Aufschrift "Pestera" und nach ein paar Schritten stand ich vor einer riesigen �ffnung in der Kalksteinwand. Mit einer winzigen Lampe versuchte ich weiter einzudringen, man h�rte Flederm�use pfeifen, und an einem verrostetem Tor war zu erkennen, da� dies wirklich mal eine �ffentlich zug�ngliche H�hle gewesen sein mu�te, aber nun nur noch mit entsprechender Ausr�stung betreten werden sollte. Leicht entt�uscht trat ich den R�ckweg an. Wie erfreut waren wir daher, als wir am abendlichen Lagerfeuer von rum�nischen Urlaubern erfuhren, da� am n�chsten Morgen gegen neun Uhr eine H�hlenf�hrung stattf�nde. Und so warteten wir geduldig. Da sich nichts tat, zeigten uns unsere Freunde vom Abend erst mal eine ganz kleine H�hle. Sie war so niedrig, da� man teilweise durch die G�nge kriechen mu�te, bis wir zu den Tropfsteinen kamen.

Gegen zehn Uhr traf dann doch noch ein �lterer Herr ein, bereitete mehrere Karbidlampen vor und trat mit allen Interessenten den Weg zur H�hle an. wir turnten �ber eine Stunde im schwachen Schein der Funzeln �ber verrostete Leitern, durch niedrige G�nge und an tiefen L�chern vorbei durch die Finsternis. Nach diesem beeindruckenden Erlebnis fuhren wir wieder zur�ck zur Hauptstra�e, von der wir an einer gro�en Hinweistafel nach Chiscau zur B�renh�hle abzweigten. Ge�ffnet war bis 17.00 Uhr, zehn Minuten sp�ter erreichten wir das pomp�se Eingangsgeb�ude. Die Kasse hatte bereits geschlossen, aber da einige Leute warteten, taten wir dies auch, und nach weiteren zehn Minuten erschien der F�hrer und wollte die Eintrittskarten sehen. Wir hatten keine, was aber nicht weiter st�rte. Diese H�hle nun war bestens f�r den Massentourismus ausgebaut: betonierte Wege, Gel�nder, elektrisches Licht, vor der H�hle ein riesiger Parkplatz und diverse Buden bildeten einen eindrucksvollen Kontrast zu unserem vorherigen Erlebnis unter Tage.

Eigentlich wollten wir in der freien Wildnis zelten, da aber �berall Hinweisschilder vor Vipern warnten und wir vorher tats�chlich einige �berfahrene Schlangen auf der Stra�e gesehen hatten, w�hlten wir dann doch lieber den offiziellen Zeltplatz im Ort. Der n�chste Morgen begann mit einem Platten, wir hatten das ganze Dorf als Zuschauer beim Flicken. Diese Pause brachte uns aber eine weitere Entdeckung: Wir standen direkt vor der ehemaligen Maschinenausleihstation, und was dort an Technik aus den drei�iger und vierziger Jahren herumstand, h�tte jedes Sammlerherz h�her schlagen lassen.

Wir folgten der Europastra�e bis Dr. Petru Groza, wo wir nach Cimpeni abbogen. Gem�tlich rollten wir ein Flu�tal aufw�rts, bis die Stra�e pl�tzlich steil anstieg und uns zum Schieben zwang. An sich ist das nicht schlimm, aber als wir erst nach 14 km den Pa� erreichten, beklagten wir doch den Mangel an guten Karten. Der n�chsten Tag belohnte uns daf�r mit f�nfzig Kilometern sanftem Gef�lle.

Inzwischen bedurften unsere Brotvorr�te dringend einer Auffrischung. In keinem der vielen D�rfer war Brot erh�ltlich! So setzten wir unsere Hoffnungen auf die gr��ere Stadt Cimpeni. Doch auch hier empfingen uns die Brotl�den mit g�hnender Leere. Nach einigem Fragen gelangten wir schlie�lich zu einer kleinen B�ckerei. Davor wartete eine lange Schlange Menschen. Nach einer Stunde �ffnete die kleine Verkaufsluke, und es begann eine regelrechte Schl�gerei. Nat�rlich war das Brot genau vor mir alle! Nun richtig in Wut, beschimpfte ich die Verk�uferin, was bewirkte, da� sie uns in der Backstube doch noch ein Brot aush�ndigte. Sp�ter erfuhren wir, da� durch die Reprivatisierung des Bodens dem Staat kein Korn zur Verf�gung stand, so da� in normalen Gesch�ften Brot nur auf Marken erh�ltich war.

Mit gef�llten Vorr�ten strebten wir nun zum Rimet-Kloster. Uns auf die RV-Autokarte verlassend, wollten wir auf einer Nebenstra�e quer durchs Gebirge abk�rzen. Welch schwerer Irrtum! Wir hatten ca. 50 km Schotter- und Waldweg mehr schiebend als fahrend zu �berwinden, und als wir endlich den Ort Rimet auf dem Kamm des Trascau-Gebirges erreichten, stellten wir fest, da� die auf der Karte existierende Stra�e zum Kloster Rimet ein b�sartiger Druckfehler war. Und so ging es �ber Aiud/Stra�burg am Mieresch mit einer sehr sch�nen Kirchenburg und Teus/Dreikirchen auf einem gro�en Umweg zum Kloster und weiter zur nahegelegenen H�tte. Von dort wollten wir zu Fu� die Rimet-Klamm erkunden. Bald wies uns eine gro�e Warntafel darauf hin, da� der Weg nur bei geringem Wasserstand und hei�em Wetter passierbar ist. Beides war erf�llt, und wir wagten das Abenteuer. Bald stand uns das Wasser bis zum Bauch, dann stolperten wir auch noch und waren einschlie�lich der Fotoapparate pitschna�. Trotzdem lohnten die Sch�nheiten der Klamm diesen Aufwand und den Verlu�t einer Kamera.

Nach einem Erholungstag bei Bekannten in Sebes/M�hlbach fuhren wir durch ehemaliges s�chsisches Siedlungsgebiet vorbei an vielen Kirchenburgen weiter nach Ocna Sibiului/Salzburg. Der Ort ist ber�hmt durch seine Salzseen, und auch wir genossen es, zu schwimmen, ohne sich zu bewegen. Hier trafen wir die einzigen anderen Radtouristen, eine Gruppe aus Salzburg/�sterreich :-).

Kurz danach gab es die einzige ernsthafte Panne. Ein Kugellagerk�fig des Tretlagers hatte seinen Geist aufgegeben und verursachte sehr be�ngstigende Ger�usche. Ein Ersatzlager hatten wir ja mit, aber weder Pedalabzieher noch Steckschl�ssel. So mu�te die n�chste Traktorenwerkstatt um Hilfe gebeten werden, die den Abzieher durch Hammer und Meisel ersetzten. Aber anschlie�end funktionierte alles wieder, und wir konnten die Fahrt fortsetzen.

Wir wandten uns nun nach Norden und erreichten �ber Blaj/Blasendorf Tirnaveni Ludus. Weil wir an diesem Tag zum Radeln keine rechte Lust mehr hatten, probierten wir das Bahnfahren aus. Wir hatten Gl�ck, einer der drei Z�ge am Tag fuhr schon eine halbe Stunde nach unserer Ankunft. Ich l�ste Fahrkarten, und wir stiegen mit den R�dern ein. Der Kontrolleur wollte aber au�er der Fahrkarte auch unseren Gep�ckschein sehen.Den hatte ich nun nicht, und so mu�te das Problem typisch rum�nisch gekl�rtwerden - ein Trinkgeld f�r den Schaffner, und es gab kein Problem mehr.

Auf der Suche nach einem sch�nen Zeltplatz fragten wir nach unserer Ankunft ein paar Leute, die uns prompt auf ihren Bauernhof einluden. Zur Begr��ung gab es noch warme Milch aus "Rum�nisch Automat", d. h. direkt von der Kuh, dann ein Abendbrot mit Mamaliga und R�hrei. Die Nacht schliefen wir in der Bauernstube, der Bauer hatte sein Nachtlager vor das Haus verlegt.

Nach der �berwindung eines weiteren Passes am Rodna-Gebirge erreichten wir die Maramures mit ihren sch�nen Holzh�usern und -kirchen. In Calinesti baten wir in einem Bauernhof um Wasser, und wieder lud man uns sofort ein, an einem Fest teilzunehmen. Nach dieser unerwarteten St�rkung gelangten wir �ber das Salzbad der Maramures, Ocna Sugatag, bis an die GUSische Grenze. Wir hatten wieder die Thei� erreicht, und nur noch eine Sehensw�rdigkeit wollten wir kennenlernen, den "heitere Friedhof von Sapinta". Der Holzschnitzer dieses Dorfes fing vor Jahren an, die Grabm�ler mit lustiges Bildern und Gedichten �ber die Verstorbenen zu verzieren. Diese Tradition wird weiter fortgesetzt, und auch ohne rum�nische Sprachkenntnisse, bereitet diese Art des Gedenkens Vergn�gen.

Leider konnten wir nun nicht an der Thei� weiter fahren, sondern mu�ten einen weiteren Kamm im Gutii-Gebirge �berwinden, um nach ca. 100 km bei Satu Mare die ungarische Grenze zu �berqueren. In unserer Kasse befand sich noch recht viel rum�nisches Geld, was einem strengen Ausfuhrverbot unterliegt. Ich wollte deshalb an der Grenze r�cktauschen - laut Reisef�hrer kein Problem. In der Praxis war den Beamten jedoch der Kurs unbekannt, so da� wir das Geld mit nach Hause nehmen und beim n�chsten Mal wieder mitbringen sollten.

Die R�ckfahrt durch die Pu�ta war zwar k�rzer, wurde aber durch kr�ftigen Gegenwind bereichert, der 13 km vor Tokaj zum Sandsturm wurde und uns eine Stunde am Weiterfahren hinderte. Hier g�nnten wir uns zum Abschlu� noch ein gem�tliches Abendessen mit dem ber�hmten Wein, und am Mittag des n�chsten Tages bestiegen wir wieder den Zug in Slovenske Nove Mesto.

Karten und Landesinformationen:

Stra�enkarte Rum�nien und Bulgarien 1: 1 000 000, Kartographia Budapest Stra�enkarte Rum�nien 1 : 800 000, RV-Verlag (sehr fehlerhaft) Touristenkarte Rum�nien ca. 1 : 1 200 000, Bukarest (enth�lt Sehensw�rdigkeiten, Angaben, welche Stra�en asphaltiert sind) Shell-Atlas Europa 1 : 750 000. Komm mit, Wandern Reisen und Erholung in Rum�nien, 1976-1990, Verlag Neuer Weg Bukarest. Sehensw�rdigkeiten in Rum�nien, Editura stiintifica Bucuresti. Dumont Kunstreisef�hrer Rum�nien. Polyglott Reisef�hrer Rum�nien (nahezu unbrauchbar!)

Die Fahrr�der sollten aufgrund der schlechten Stra�en sehr stabil sein. Man erh�lt kaum Ersatzteile in Rum�nien!

PS: Biete rum�nische Lei!


Jens P�nisch (Email: poenisch@wirtschaft.tu-chemnitz.de)