Regensensor
Aufgabenstellung
Regensensoren im Auto funktionieren nach folgendem Prinzip: An der Innenseite der Windschutzscheibe befindet sich eine Infrarot-Lichtquelle, deren Licht in das Glas der Windschutzscheibe gelangt (in der Regel wird zur Einkopplung des Lichts in das Glas ein zusätzliches Prisma genutzt, das hier jedoch nicht betrachtet wird). Der Strahlenverlauf ist dabei so gewählt, dass das Licht an der (trockenen) Oberfläche der Windschutzscheibe totalreflektiert wird und zurück in den Sensor gelangt. Dort wird die Intensität des ankommenden IR-Lichts gemessen. Das Glas der Windschutzscheibe habe einen Brechungsindex von n_\mathrm g = 1{,}536.
Berechnen Sie den Grenzwinkel der Totalreflexion am Übergang zwischen Windschutzscheibe und Luft.
Muss der Lichtstrahl des Regensensors steiler oder flacher auf die Grenzfläche treffen?
Der Lichtstrahl des Regensensors treffe unter einem Winkel von 45° auf die Grenzfläche. Die Außenseite der Scheibe sei mit einem geschlossenen Wasserfilm (n_\mathrm w = 1{,}33) bedeckt. Unter welchen Brechungswinkel tritt der Lichtstrahl in die Wasserschicht ein?
Kann der Lichtstrahl unter den oben genannten Bedingungen einen homogenen Wasserfilm auf der Windschutzscheibe verlassen?
Falls Nein: Wieso eignet sich das geschilderte Prinzip trotzdem als Regensensor?
Lösung Teil 1
Als Grenzwinkel ist der Einfallswinkel definiert, bei dem der Brechungswinkel \alpha_\mathrm{Brech} = 90° beträgt. Aus dem Brechungsgesetz
n_1 \sin \alpha_1 = n_2 \sin \alpha_2
folgt mit \alpha_1 = \alpha_\mathrm g und \alpha_2 = 90°:
\sin\alpha_\mathrm g = \frac{n_2}{n_1}
beziehungsweise
\alpha_\mathrm g = \arcsin \left( \frac{n_2}{n_1} \right) \, .
Da der Übergang von Glas in Luft betrachtet wird, gilt n_2 = 1. Damit folgt
\alpha_\mathrm g = 40{,}6° \, .
Totalreflexion tritt bei allen Einfallswinkeln auf, die größer als dieser Grenzwinkel sind. Der Lichtstrahl muss also flacher auf die Grenzfläche treffen
Lösung Teil 2
Ausgangspunkt ist die allgemeine Formulierung des Brechungsgesetzes:
n_1 \sin\alpha_1 = n_2 \sin\alpha_2 \, .
Medium 1 ist hier das Glas der Windschutzscheibe, Medium 2 ist Wasser. Der gesuchte Brechungswinkel entspricht dem Winkel des Lichtstrahls im Wasserfilm, also \alpha_\mathrm{Brech} = \alpha_2. Für diesen Winkel ergibt sich:
\alpha_2 = \arcsin\left( \frac{n_1}{n_2}\sin\alpha_1 \right) = 54{,}7° \, .
Lösung Teil 3
Hier wird nun der Übergang vom Wasserfilm (Medium 2) zu Luft (Medium 3) betrachtet. Analog zur Teilaufgabe 1 ergibt sich für diesen Übergang ein Grenzwinkel der Totaltreflexion von
\alpha_\mathrm g = 48{,}8° \, .
Dies ist kleiner als der in Teilaufgabe 2 ermittelte Winkel \alpha_2, der in einem planparallelen Film zugleich auch der Einfallswinkel an der Grenzfläche Wasser – Luft ist. Es kommt an dieser Grenzfläche also zur Totalreflexion und der Lichtstrahl kann den (homogenen) Wasserfilm nicht verlassen. Der Wasserfilm führt also nicht zu einer Aufhebung der Totalreflexion. Diese Erkenntnis lässt sich auch allgemeiner formulieren, wenn das Brechungsgesetz an der zweiten Grenzfläche (Übergang Medium 2 – Medium 3) betrachtet wird. Analog zu Teilaufgabe 2 folgt für den Brechungswinkel im Medium 3:
\alpha_3 = \arcsin\left( \frac{n_2}{n_3}\sin\alpha_2 \right) \, .
Für den Winkel \alpha_2 ergibt sich aus der Brechung an der ersten Grenzfläche (Übergang 1 – 2):
\sin\alpha_2 = \frac{n_1}{n_2}\sin\alpha_1 \, .
Eingesetzt in die obige Formel folgt daraus:
\alpha_3 = \arcsin\left( \frac{n_2}{n_3}\frac{n_1}{n_2}\sin\alpha_1 \right) = \arcsin\left( \frac{n_1}{n_3}\sin\alpha_1 \right) \, .
Nach dem Passieren aller Grenzflächen ergibt sich der Brechungswinkel einzig aus dem Verhältnis der Brechzahlen des ersten und letzten Mediums. Dazwischenliegende Medien ändern den Verlauf des Lichtstrahls nach der letzten Grenzfläche nicht. Dies lässt sich in analoger Weise auch auf planparallele Schichtaufbauten mit mehr als drei Medien übertragen.
Tatsächlich bildet das Regenwasser auf der Windschutzscheibe aber keinen homogenen, planparallen Film, sondern liegt als Wassertropfen vor. Durch deren Krümmung ergeben sich für die Grenzfläche Wasser – Luft eine Vielzahl von Einfallswinkeln, darunter auch solche, die unterhalb des Grenzwinkels der Totalreflexion liegen und damit eine Transmission erlauben. Auf diese Weise führt das Regenwasser zu einer Intensitätsabnahme des reflektierten Lichts, die vom Regensensor detektiert wird.