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Aufgabensammlung Experimentalphysik

Dr. Herbert Schletter

Ballistisches Pendel

Aufgabenstellung

Zur Bestimmung der Geschossgeschwindigkeit eines Luftgewehrs wird ein ballistisches Pendel verwendet: Dabei trifft das Projektil aus kurzer Entfernung auf einen freischwingend aufgehängten Kugelfangkasten und bleibt in diesem stecken. Dieser wird dabei um eine horizontale Strecke von s=5{,}5~\mathrm{cm} ausgelenkt. Die Masse des Projektils beträgt m_\mathrm P=0{,}5~\mathrm g, die des Kugelfangs m_\mathrm K = 400~\mathrm g. Die Pendellänge des Kugelfangs beträgt l= 750~\mathrm{mm}.

  1. Bestimmen Sie die Geschwindigkeit des Projektils.

  2. In Deutschland ist für frei verkäufliche Waffen die Mündungsenergie (d.h. die Energie des Projektils unmittelbar nach Verlassen des Laufs) auf E_\mathrm{max}=7{,}5~\mathrm J begrenzt. Vergleichen Sie dies mit der eben errechneten Projektilgeschwindigkeit.

Lösung Teil 1

Beim Stoß des Projektils mit dem Kugelfang wird Impuls und Energie übertragen. Da der Stoß plastisch verläuft (das Projektil bleibt im Kugelfang stecken), gilt der Energiesatz der Mechanik nicht. Der Impulserhaltungssatz hingegen kann angewendet werden und lautet in diesem Fall:

\begin{aligned} p_\mathrm{ges,vor} & = p_\mathrm{ges,nach} \\ m_\mathrm{P}v_\mathrm P & = (m_\mathrm P + m_\mathrm K) v'_\mathrm K \, ,\end{aligned}

wobei die gestrichene Größe für die Geschwindigkeit nach dem Stoß steht. Für die anfängliche Projektilgeschwindighkeit bedeutet dies:

v_\mathrm P = \frac{m_\mathrm P + m_\mathrm K}{m_\mathrm P}v'_\mathrm K \, .

Die Geschwindigkeit des Kugelfangs nach dem Stoß wird aus dessen Pendelbewegung bestimmt. Hierfür gilt der Energiesatz der Mechanik, der für den Vergleich von tiefstem und höchstem Punkt (Höhe h) folgende Form hat:

\begin{aligned} E_\mathrm{pot,oben} & = E_\mathrm{kin,unten} \\ (m_\mathrm P + m_\mathrm K)gh & = \frac 12 (m_\mathrm P + m_\mathrm K) {v'_\mathrm K}^2 \, .\end{aligned}

Daraus folgt

v'_\mathrm K = \sqrt{2gh} \, .

Darstellung der Geometrie am ballistischen Pendel

Die Höhe des Pendels im Umkehrpunkt wurde jedoch nich direkt gemessen, sondern lediglich die horizontale Auslenkung. Aus der obigen Darstellung ist ersichtlich, dass der Satz des Pythagoras angewendet werden kann in der Form

l^2=(l-h)^2+s^2 \, . Daraus lässt sich die Höhe des Pendels im Umkehrpunkt ermitteln:

\begin{aligned} (l-h)^2 & = l^2 - s^2 \\ l-h & = \sqrt{l^2-s^2} \\ h & = l-\sqrt{l^2-s^2} = 2{,}02~\mathrm{mm} \, .\end{aligned} Die zweite Lösung h=l+\sqrt{l^2-s^2} wurde dabei übergangen, da h<l sein muss (das Pendel kann nicht über den Aufhängepunkt steigen).

Setzt man dies in die Geschwindigkeit des Kugelfangs nach dem Stoß (siehe oben) ein, so folgt:

v'_\mathrm K = \sqrt{2gh} = \sqrt{2g\left(l-\sqrt{l^2-s^2}\right)} = 0{,}2~\frac{\mathrm m}{\mathrm s} \, .

Dies wiederum wird eingesetzt in die aus dem Impulssatz gefolgerte Gleichung für die anfängliche Projektilgeschwindigkeit:

v_\mathrm P = \frac{m_\mathrm P + m_\mathrm K}{m_\mathrm P}v'_\mathrm K = \frac{m_\mathrm P + m_\mathrm K}{m_\mathrm P} \sqrt{2g\left(l-\sqrt{l^2-s^2}\right)} = 160{,}2~\frac{\mathrm m}{\mathrm s} \, .

Lösung Teil 2

Aus der vorgegebenen maximalen kinetischen Energie

E_\mathrm{kin,max} = \frac 12 m_\mathrm P v_\mathrm{max}^2 ergibt sich für die gegebene Projektilmasse eine maximale Geschossgeschwindigkeit

v_\mathrm{max} = \sqrt{\frac{2E_\mathrm{kin.max}}{m_\mathrm P}} = 173{,}2~\frac{\mathrm m}{\mathrm s} \, .

Alternativ kann aus der oben ermittelten Geschossgeschwindigkeit die Mündungsenergie dieses Luftgewehrs bestimmt werden:

E_\mathrm P = \frac 12 m_\mathrm P v_\mathrm P^2 = 6{,}4~\mathrm J \, .

Beide Rechnungen führen zu der Schlussfolgerung, dass das Luftgewehr im zulässigen Bereich arbeitet und diesen recht gut ausnutzt.