Multimeter, Aufbau und Reparatur

Multimeter, also Messgeräte mindestens für Spannung, Strom und Widerstand, hatten früher grundsätzlich ein Drehspulinstrument zur Anzeige. Mit dem Einzug der Digitaltechnik wurde der integrierende A/D-Wandler zum Herzstück. Dabei hat der inzwischen uralte Schaltkreis ICL7106 eine wegweisende Bedeutung, und praktisch alle Multimeter verwenden diesen oder eine Weiterentwicklung desselben.

Analoge Multimeter

Als Anzeige fungiert grundsätzlich ein Drehspulmesswerk. Da dessen Genauigkeit bei 1 % oder 2,5 % vom Endwert liegt, wird man mit dem Messbereichs-Umschalter versuchen, die Anzeige im Bereich 1/3 .. 1 Vollausschlag zu betreiben. Das erfordert einen Spannungs- und Stromteiler mit Teilerverhältnissen 1-3-10-30-100 usw. und damit doppelt so vielen Schaltstellungen wie beim Digitalmultimeter. Zwei Skalen erlauben das umrechnungsarme Ablesen der Messgröße.

Spannungsteiler sind grundsätzlich Vorwiderstände, da das Drehspulmesswerk Strom misst. Damit ergibt sich ein vom Messbereich abhängiger Einganswiderstand. Von Vorteil ist dabei, dass die Spannungsmessung keine Hilfsenergie (Batterie) benötigt.

Eingangs-Spannungsteiler für analoge Multimeter

Die angegeben Bauelementewerte beziehen sich auf ein vergleichsweise schlechtes (unempfindliches) Messwerk. Gute Messwerke haben durchaus 20 µA Endausschlag und 4 kΩ Innenwiderstand. Das angegebene Messwerk erleichtert das Rechnen.

Falls das Multimeter stets eine Hilfsspannungsquelle voraussetzt, kann man via OPV-Spannungsfolger den Innenwiderstand auf Unendlich erhöhen und den Eigenleistungsverbrauch deutlich minimieren. Dann ist der Spannungsteiler wie bei Digitalmultimetern aufgebaut.

Stromteiler zweigen einen Teilstrom am Messwerk vorbei. Der empfindlichste Strommessbereich ist geschickterweise gleichzeitig der kleinste Spannungsmessbereich. Der Eingangswiderstand bei Strommessung ist vom Messbereich abhängig. Auch hier wird keine Hilfsenergie benötigt.

Eingangs-Stromteiler für analoge Multimeter

Stromteiler sind grundsätzlich so gestaltet, dass der Anzeigewert nicht durch Kontaktübergangswiderstände verfälscht wird.

Bei einfachen Multimetern wird das Messwerk nicht zwischen Spannungs- und Strommessbereichen umgeschaltet. Dadurch vereinfacht sich der Drehschalter enorm, es wird nur eine Schaltebene benötigt. Allerdings fließt bei Spannungsmessung der halbe Strom am Messwerk vorbei!

Wechselgrößen erfordern einen Gleichrichter. Im einfachsten Fall wird bei Wechselgrößenmessung ein Vollbrücken-Gleichrichter aus Germaniumdioden vor das Messwerk geschaltet, und 1-2 weitere nichtlineare Skalen für Wechselgrößen sind dann zu verwenden. Das Messwerk bekommt den Gleichrichtmittelwert, die Skale ist für den Effektivwert einer Sinusgröße kalibriert. Von Vorteil ist wiederum, keine Hilfsspannung zu benötigen.

Einfacher Gleichrichter, erfordert gesonderte Skale

Ein aktiver Gleichrichter mit Operationsverstärkern (OPV) hält den Anzeigewert linear. Man spart sich so weitere Skalen, und die Multiplikation mit dem Formfaktor von 1,11 erledigt die OPV-Schaltung gleich mit.

Vollwellen-Präzisionsgleichrichter mit Polaritätsanzeige

Den Effektivwert maß man mit einem Thermoumformer, der die gleichen elektrischen Kenngrößen wie das Drehspulmesswerk (Widerstand und Maximalstrom) hat. Für das Messwerk wird dann eine Hilfsspannungsquelle und weitere, in etwa quadratische Skalen benötigt.

Widerstandsmessung erfordert auf jeden Fall eine Hilfsspannungsquelle.

Digitalmultimeter

Als Anzeige fungiert fast immer ein störarmes und Energie sparendes LC-Display. Nur bei Tischgeräten verwendet man LED-Anzeigen. Häufig verzichtet man auf Multiplex (bspw. beim ICL7107) und verbaut stattdessen viele Vorwiderstände. Bei Lösungen mit Multiplexanzeige (bspw. C500 + C502) muss der (möglichst vom Analogeil potenzialgetrennten) Stromversorgung hohe Aufmerksamkeit gewidmet werden.

Die Genauigkeit der Digitalanzeige wird fast nur von seiner Referenzspannungsquelle bestimmt, da Linearität und Nullpunktfehler nahezu untergehen. 0,2 % sind nach Abgleich ohne großen Aufwand erreichbar. Daher genügen dekadische Bereichsumschalter. Fast immer wird eine Bandabstands-Referenz verwendet; im ICL7106 ist eine eingebaut. Man beachte, dass der Bereichsumschalter weitere Kontakte für die Umschaltung des Dezimalpunktes (selten: Dezimalkomma) benötigt.

Der Spannungsteiler liegt hier üblicherweise mit festem Eingangswiderstand von (praktisch stets) 10 MΩ an den Eingangsklemmen, der Bereichswahlschalter dahinter.

Eingangs-Spannungsteiler für Digitalmultimeter

Der Stromteiler geht üblicherweise von einer gesonderten Buchse ab. Das spart einen Umschalter am Eingang.

Eingangs-Stromteiler für Digitalmultimeter

Zur Messung von Wechselgrößen wird üblicherweise ein Vollwellen-Präzisionsgleichrichter aus Operationsverstärkern eingebaut und bei Wechselspannungs- und Strommessung in den Signalweg eingewechselt. So wie dargestellt „misst“ dieser Gleichrichter auch eine begleitende Gleichspannung; für reine Wechselgrößenmessung muss diesem Gleichrichter ein Kondensator vorgeschaltet werden. Da sich die Bedienungsanleitung von Multimetern sich in diesem Punkt oft ausschweigt, muss man das bei Bedarf ausprobieren oder einen externen Kondensator (bei Spannungsmessung) vorschalten, etwa um die Brummspannung einer Betriebsspannung zu messen.

Vollwellen-Präzisionsgleichrichter

Ein gutes Multimeter enthält einen akustischen Durchgangsprüfer. Häufig ist diese Funktion mit dem Diodentest verknüpft. Das bedeutet, dass ein (in etwa) Konstantstrom von 1 mA durch den Prüfling geschickt wird und die Spannung (im 2-V-Bereich) gemessen wird. „Durchgang“ besteht bei Spannungsabfällen unter 50 mV. Die Widerstände R2 und R3 sind die von der Spannungsmessung. IC1 ist ein sparsamer Doppel-Komparator mit Offenem Kollektor-Ausgang.

Durchgangsprüfer und Diodentest

Der ICL7106 enthält keinen Unterspannungsdetektor. Die chinesischen Nachbauten im 44-poligen Gehäuse enthalten hingegen einen solchen Unterspannungsdetektor für eine LoBat-Anzeige. Das Funktionsprinzip ist, dass die verbleibende negative Betriebsspannung (die positive bleibt über die interne Referenz des ICL7106 konstant) zu klein wird und dann ein weiteres Segment der Anzeige zugeschaltet wird. Die Leuchtdiode D1 dient als Referenzelement. Fällt 4N unter die Referenz, kippt der Komparatorausgang von IC1A auf High, und das XOR-Gatter IC2A invertiert das Rückelektroden-Signal BP. Damit „leuchtet“ das LoBat-Segment der LC-Anzeige.

Mögliche Realisierung einer Unterspannungsanzeige

Zur Anzeige der Dezimalpunkte wird im Allgemeinen eine weitere Schaltebene des Drehschalters verwendet. Diese steuert — wie im Datenblatt des ICL7106 angegeben — die drei weiteren XOR-Gatter des '4030, welche das Rückelektroden-Signal entweder invertieren oder nicht.

Realisierung der Dezimalpunktanzeige auf LCD

Eine Sparversion der Dezimalpunkt-Anzeige spart sich den '4030. Von Nachteil ist allenfalls, dass der Drehschalter die Rückelektroden-Wechselspannung führt, was kapazitiv übergreifen könnte. Der Inverter IC1 wurde mit Transistoren oder Komparator realisiert gesichtet.

Sparversion der Dezimalpunktanzeige auf LCD

Schutzbeschaltung

Von Multimetern erwartet man Robustheit: Es soll nicht kaputt gehen, wenn man an jedweder Buchsenkombination und bei allen Messarten 1000 Volt anlegt, und bei Überstrom soll allenfalls eine Sicherung auslösen und weder Widerstände noch Halbleiter wegbrennen. Selbstverständlich sind Handmultimeter schutzisoliert (auch und insbesondere das Batteriefach) und Tischgeräte erdfrei — im Gegensatz zu Oszilloskopen. Das erfordert besonders hochisolierende und kapazitätsarme konventionelle Netztrafos.