Nicht geschafft. Start: 18:25 Liebethal Abbruch: 8:55 Räumichtmühle, ca. 56 km (halbe Länge; 14½ Stunden) Julias Abbruch: 2:45 Bahnhof Kohlmühle, ca. 30 km (8 Stunden) Irrläufer und geschätzte Umwege: * Liebethal (Malerweg gesperrt: ignoriert mit Zaunklettern): ± 0 km * Lohmen (Abzweig aufs Feld war nur von hinten zu sehen): + 1 km * Polenztal (Aufstieg nach Hohnstein nicht gefunden): + 1 km * Kohlmühle (Wie soll's genau nach Altenhain gehen?): - 2 km Hier war der (anscheinend rechte) Weg über die Wiese unerträglich nass. Rechenfehler: Im Wandertempo ist der Malerweg nicht in 24 Stunden zu schaffen. Wegen der vielen Anstiege. Eher in 30 Stunden. Mit Limit bei 36 Stunden. Auch waren die Wege vom vorhergehenden Unwetter schlecht und an ein paar Stellen schwer zu finden. Das erzwingt andere Planungsvorbedingungen: * Start 12:00 Uhr statt 18:00 Uhr, um nicht 2x in Dunkelheit laufen zu müssen. Dass man dabei auf den Schrammsteinen bei Dunkelheit läuft wäre OK. * Sichere Niederschlagsfreiheit (zumindest für mich) * Mindestens 1, besser 2 Verpflegungspunkte (aber zur Not tun's auch die Gaststätten Brand, Gr. Winterberg und Pfaffenstein) * Busfahrt nach Liebethal Bericht: Mit etwas Verspätung beginnt in Liebethal der Versuch der Malerweg-Wanderung. Bis dahin war ich mir sicher, das zu schaffen, trotz der Bedenken von Friedmar wegen der mehr Höhenmeter. Die Horizontale war ja auch alles andere als horizontal. Etwas gewundert hatte ich mich über Julia, die anscheinend noch nie eine Langstrecke unter ihre Füße genommen hatte, aber irgendwann ist ja immer das erste Mal. Erst mal dachte ich, in Weißrussland gibt's ja genug lange, öde Strecken von Dorf zu Dorf, die sie ja vielleicht schon alle abgelatscht war. Sie war das erste Mal in der Sächsischen Schweiz wandern. Hm, nicht gerade der beste Einstieg. Eher abschreckend. Da hat sie offenbar das falsche CouchSurfing-Event erwischt. Meine vorhergehenden Events waren da viel besser geeignet. Gleich am Anfang war der Malerweg gesperrt. Ob das jemand 19:00 Uhr prüft? Über zwei Bauzäune ging die Wanderung als Klettertour los. Dafür war der Folgeweg bequem. Vorbei ging es an einem pompösen Wagnerdenkmal. Hier? Dann einen Hang hoch, wieder runter, über einen reißenden Fluss (kann nur die Wesenitz nach viel Regen sein), wieder hoch durch eine lange tunnelartige Brücke. Da müsste ich ja früher oft drüber gefahren sein, die Eisenbahnlinie Neustadt – Dürrröhrsdorf – Pirna. Von Lohmen aus ging es über eine nasse Wiese zum Wehlgrund. Auf der bequemen Straße quatschend hatten wir den Abzweig übersehen, bis wir an der nächsten Kreuzung keine Malerweg-Markierung mehr gefunden hatten und die Umkehr uns die erste Bonusmeile einbrockte. Mein Magen rebellierte bereits nach einer Stunde wandern, aber ich war ja gut vorbereitet:-) Bis zum Einbruch der Dunkelheit haben wir es immerhin bis zur Bastei geschafft. Nach schon einigen steilen und langen Ab- und Aufstiegen. Hier gibt's was zu sehen, oder zumindest zu erahnen. Bis dahin hatte das Wetter auch durchgehalten, aber ein Sonnenstrahl oder Himmelblau war nicht auszumachen. Friedmar hatte eher einen Suchscheinwerfer als Stirnlampe, ich hingegen eine Funzel. (Neue Batterien habe ich mir bei seinem Lichtkegel erspart.) Das machte sich beim weiteren Weg sehr gut, allerdings nur wenn er vornan läuft. Treppab war ich etwas zu langsam. Ganz sicher ein Lichtproblem. Dann ging's wieder auf Elbniveau, den Amselgrund hinauf, am Straßenrand zum Hockstein, wo wir mit unseren Stirnlampen einige Schläfer aufschreckten, die sich da auf einer Hängematte bequem gemacht hatten. Wenn sie wüssten, wie das Wetter sich ändert … Dann die Wolfsschlucht hinunter — bei Nacht eindrucksvoll — zur Polenz und dann die andere Hangseite hinauf. Da ist uns mal wieder der Malerweg abhanden gekommen. Stattdessen ging es direkt unterhalb des Hohnsteiner Burgfelsens entlang, um dann auf den „umständlichsten Weg zum Brand“ den Malerweg entlangzuschlängeln. Die Brandstraße ist viel kürzer. Hier setzte Nieselregen ein, der noch lange anhalten sollte und den Sinn von Wettervorhersagen mal wieder widerlegen sollte. Irgendwann erreichten wir die menschenleere Brand-Gaststätte. Wir begannen nachzurechnen und kamen hier zu dem Schluss, dass 24 Stunden nicht zu schaffen sind. Meine nassen Füße begannen etwas weh zu tun (also mal wieder Socken wechseln), und bei Julia bemerkte ich schnaufende Atemgeräusche. Normalerweise das Geräusch „leerer Batterien“. Aber das muss nichts heißen, vielleicht liege ich falsch. Sie kam gut mit unserem Tempo mit. Sie fragte nach der nächsten Bahnstation. Die ist recht weit weg, und um 0:00 Uhr kommt man hier schlecht weg. So richtig wollte ich nicht raus mit der Sprache, nicht dass es heißt, ich ermuntere andere zum Aufgeben. Nun ging es die Brandstufen herunter, und hier könnte man sich aufteilen, indem Julia die Straße herunter zum Bahnhof Porschdorf läuft. Wie auch immer dieser in der Finsternis zu finden ist, und wie unangenehm das Warten dort sein kann. Ich dachte, Julia kommt bestimmt noch gut bis Kohlmühle mit. Also den nächsten Berg hinauf, an Waitzdorf vorbei (komischerweise nicht an den eher malerischen Ochelwänden entlang), und wieder 'runter. Hier kamen wir direkt am Bahnhof vorbei, und Julia wollte sich ausklinken. Ganz sicher. Es war (IMHO) 2:45, und auf der überraschend modernen roten LED-Anzeige wurde der nächste Zug für 5:30 (?) angekündigt. Na immerhin. Ich weiß, wie kalt es beim Warten in dem Glaskasten werden kann; das alte Bahnhofsgebäude war zugerammelt. Etwas unsicher ließen wir sie hier zurück. Vielleicht hatte sie genug Erfahrung von zu Hause. Was das Warten auf Züge bei Kälte angeht. Immerhin, ein Dach ist über ihrem Kopf. Das Nieseln hielt an und steigerte sich noch. Für den Regenschirm war's aber noch zu wenig. Meine Füße blieben unerträglich nass. Wie auch immer Friedmar es mit seinen Turnschuhen(!?) schafft, trocken zu bleiben. Orientierungsläufer eben. So wie wir verbleibenden Wanderer aussahen verglich ich uns mit Don Quixote und Sancho Pansa. Passte bestimmt gut. Ich der kleine dicke natürlich. Nur ohne Pferd und ohne Esel. Dann ging es das Sebnitztal stromaufwärts. Kannte ich ja noch vom Panoramalauf. Damals war's nicht nur Nieselregen, sondern Dauergewitterregen, aber eben nur 30 km im Laufschritt und weniger Steigungen. Ein recht irreführend aufgestelltes Malerweg-Schild wies uns den Berg hinauf nach Altenhain. Laut Karte müsste es wesentlich länger die Sebnitz entlang gehen. Wir haben's ignoriert und versucht, oben im Dorf wieder darauf zu stoßen. Die leere Hauptstraße hin und her gelaufen — da war wieder nichts. So wie auf der Karte zu sehen ging es den Dorfklamm zur Kirnitzsch hinunter. Auf halbem Wege kam der Malerweg von vorn entgegen! Nicht so auf der Karte. Hier ist auf jeden Fall etwas geändert worden. Der Weg im Klamm war vom vorher gehenden Unwetter ziemlich zerstört worden; irgendwie glaubte ich nur noch in einem Flussbett von Stein zu Stein zu hüpfen (mit meiner Funzel!). Und nass war der Weg allerorten. Überall waren Moraststellen, die auch mit hellem Licht schwer zu sehen und kaum zu umgehen waren. Plötzlich eine Linksabbiegung: Aha, wir waren auf dem Flößersteig. Der war bequem, und überhaupt war der nun folgende lange Abschnitt von der Ostrauer Mühle über die Schrammsteine zur Räumichtmühle gar nicht so schwer — weil eben nur ein Anstieg. Es begann zu dämmern, und am Zenit sah es eher blau aus grau aus. Trotzdem nieselte es unentwegt. Wunschdenken wahrscheinlich. Durchs Schrammtor und auf dem Schrammsteingrat konnte man einen Blick zum Horizont ergattern. Im Osten ein blauer Streifen, im Westen grau mit tief hängenden Wolken. Am Vortag war Ostwind. Nun Westwind. Aha, die Wolken kehren um und setzen sich über dem Elbsandsteingebirge fest. Tolle Aussichten! Auf dem Weg zu den Affensteinen vor dem Zurückesteig eine Aussicht in den Talkessel von Schmilka. Nichts zu sehen außer Nebel. Kein Blau mehr am Himmel, es nieselt jetzt mit mehr Wind. Jetzt noch am Kleinen Prebischtor vorbei und den Kleinen Dom hinunter. Nun, am Morgen bei Tageslicht sah das, was sich in meinem Schuh befand, eher wie eine Qualle aus. Schrecklich, wie ein durchgeweichter Fuß aussehen kann. Vielleicht war die Sohle durchgebrochen? (Nein.) Es lief einfach zu viel Wasser von oben, von der Seite und vom Schweißfuß in die Socke. Das Umsatteln auf Sandalen brachte nicht den „neuen Fuß“ wie auf der Horizontale, denn ich hatte versteckte Blasen. Blasen auf nicht mal der halben Wegstrecke, das sollte zum Abbruch bewegen. Denn Blasen führen zu unmerklichen Gangabweichungen, diese zu Knieproblemen, was ungut für meine Laufvorbereitung oder für die Gesundheit ist. Allmählich ging es meinen Füßen besser, aber der Gedanke, in eine zweite Nacht hineinlaufen zu müssen gefiel mir überhaupt nicht. Friedmar scheint der perfekte Läufer und Wanderer zu sein, er hatte sich offenbar perfekt vorbereitet, mit ultraleichtem Trickrucksack, und er hatte überhaupt kein Problem mit Schwitzen oder Frieren, während ich ständig die Jacke aus- und wieder anziehen musste, je nach Anstieg. Aber Müdigkeit führte bei ihm zu gelegentlichen Pendelbewegungen. Zumindest auf dem unkritischen Weg um die Affensteine herum. Nicht bei mir, ich hatte damit kein Problem. Genauso wie bei der Horizontale. Auf jeden Fall habe ich viel zuviel zu Essen und Trinken mitgenommen. Hätte ich nicht gedacht. Nachts ist der Wasserverbrauch viel geringer als tagsüber, und bis zum Versorgungspunkt ist's nicht mehr weit. Wasser sparen kann man auch beim Atmen (Nasenatmung), ggf. auf Kosten geringerer Geschwindigkeit. Und natürlich spart Schweigen Wasser. Geredet wurde wenig. Ab Arnstein ging's den Flößersteig stromaufwärts entlang, während Anka uns versorgen sollte — oder besser ENTsorgen? Friedmar wollte zunächst in Schmilka abbrechen, weil's dann noch nicht so spät zum Tag sein wird, aber Pirna nicht zu schaffen ist. Nun wollte er auch hier abbrechen und noch ein gutes Stück Freitag genießen. Was immer ihn dazu bewegt hat. So war es immerhin die halbe Wegstecke — mindestens. Wir warteten auf Anka. Der Himmel riss auf, und die Sonne schien. Zu spät. Sie wartete in einer Kassenschlange, da ich beim Anruf über den Abbruch hier nicht ganz sicher war und Getränke geordert hatte. Anrufen ist in der Sächsischen Schweiz nicht immer so selbstverständlich, gelegentlich lauern Funklöcher auf den verwöhnten Handybenutzer. So wurden wir schließlich vom navilosen „Taxi“ nach Liebethal hingeirrt. Erst jetzt wurde mir klar, wo es eigentlich losging: Immer die Wesenitz entlang. Schlussbetrachtung: Vom Allgemeinzustand her wäre ich durchaus fähig für weitere 30 km gewesen, aber die Blasen an den Füßen machen die Fortsetzung riskant und schmerzhaft. Für weitere 56 km gefiel mir das zu erwartende Nacht-Schlussstück nicht. Ich nehme an, dass es Friedmar ähnlich ging. Nur ohne Blasen. Ein Held! Müde wurde ich erst beim Autofahren. Auch dafür müsste ich beim nächsten Mal eine Problemlösung ersinnen. Am besten darauf verzichten.