Zeitkonstanten-Umschaltung, was ist das?
Es geht hierbei um die Zeitkonstante („Stellgeschwindigkeit“) der
Phasenrastschleife (PLL) der Zeilenablenkung (Horizontalablenkung).
Vorgabe-Einstellung
Weil ein Fernsehsender die Zeilenablenkimpulse auch über den Bildsynchronimpuls
hinweg mit konstanter Frequenz sendet, kann diese Zeitkonstante recht lang
(einige Millisekunden) gewählt werden.
Eine solche lange Zeitkonstante verbessert die Bildstabilität bei schlechtem
Empfang (Grieß, „Schneesturm“).
Problem: Videorekorder
VHS-Videorekorder liefern die Halbbilder so, wie sie vom Band kommen.
Ein Halbbild wird „in einem Rutsch“ von der Schrägspur gelesen; dazwischen
generiert die Videorekorder-Elektronik einen Bildsynchronimpuls.
Daher ist das Zeilensynchronsignal nicht kontinuierlich, es setzt beim
Bildanfang neu an.
Salopp gesagt liefern VHS-Videorekorder kein standardgemäßes Fernsehsignal.
Sichtbar wird's am Bildanfang (Oberkante), wo das Bild mehr oder weniger
nach links oder rechts gezerrt ist oder gar zappelt.
Lösung: kleinere Zeitkonstante
Am Fernseher wird mit einem gesonderten Schalter oder mit der
12-V-Schaltspannung an der Scart-Buchse die PLL-Regelzeitkonstante so abgesenkt,
dass der Fernseher deutlich schneller auf Sprünge der Horizontalablenkfrequenz
synchronisiert.
So rutscht das Zerrbild in den nicht sichtbaren Teil an der äußersten
Bildoberkante.
Folge-Problem: (analoge) Satellitenempfänger
Das gleiche 12-V-Signal wird von vielen Fernsehern auch verwendet,
um überhaupt auf Scart-Buchsen-Speisung umzuschalten.
Deshalb liefern Satellitenempfänger ebenfalls eine 12-V-Schaltspannung.
Bei auch nur leicht verrauschtem Satellitensignal („Fischchen“, „Eumel“)
sind jedoch die Zeilen des Fernsehbildes deutlich zueinander versetzt,
als Wirkung der (nun ungünstigerweise) zu kleinen PLL-Regelzeitkonstante.
Ab hier muss man selber Hand anlegen.
Lösung: Definition verschiedener Schaltschwellen
Dieser logische Schritt wurde von der Fernseher-Industrie verschlafen.
So habe ich eine Schaltspannung von ≈ 10 V definiert für „Fernsehsignal
präsent“ (mit Ton natürlich), ohne Zeitkonstantenumschaltung.
Dazu modifiziert man den Fernseher, bei dieser kleineren Spannung bereits
umzuschalten (zweiter Komparator oder andere Z-Diode).
Am Satellitenempfänger wird die ausgegebene Spannung per Spannungsteiler
entsprechend reduziert.
Da unmodifizierte Fernseher damit nicht funktionieren, gibt es einen Schalter
am Satellitenempfänger zur Zurückschaltung auf 12 V.
Nächster Schritt: Nur Audio
Da es stets Bild mit Ton, nicht aber unbedingt Ton mit Bild geben muss
(bspw. Radio-Betrieb des Satellitenempfängers), liegt die Definition
einer weiteren Schaltspannungspegels nahe.
Gut für Batteriebetrieb wurde die Spannung auf 3 V festgelegt, bei der
„Tonsignale präsent“ (ohne Bild) sind.
Ein Fernseher könnte dabei den Energie fressenden Bild-Schaltungsteil
abschalten.
Naheliegend erscheint es auch, mit dieser Schaltspannung die Audioanlage
oder Aktivboxen einzuschalten.
Es reicht, einen Optotriac MOC3023
(Reichelt 0,47 € mit nachgeschaltetem
größeren Triac [bspw. BT136/600 0,45 €]) zu zünden
und so sehr Energie sparend die Primärseite der Anlage zu schalten
(Zwangs-Einschaltung).
Letzter Schritt: Hau wech das Scart
Der große, wackelige, schwer steckbare, selbst zerfallende Scart-Stecker
gibt immer wieder Anlass zu Problemen.
So schön der Ansatz auch ist, „alle erdenklichen Signale in eine dicke Wurst
zu pressen“ (c't-Worte), so unpraktisch wird das Kabel.
Schließlich hatte man ja doch eine Leitung (Chroma) vergessen.
Von 5.1-Sound ganz zu schweigen.
Die eingebaute (halbe!) Bidirektionalität stört mehr als sie nützt.
Da gab es für kurze Zeit „im Westen“ eine sechspolige DIN-Buchse, eine
gute Idee prinzipiell, leider wieder eine neue Buchse, von Scart überrollt.
Daher meine Rückbesinnung auf Diodenbuchsen,
leichte Umbelegung, und alles funktioniert toll.
Immerhin gibt es heutzutage Sachen, die noch schlimmer sind als Scart:
Hosiden-Stecker, Cinch-Stecker und Klinken-Stecker, alles schön durcheinander.
Wir lieben euch doch alle! sagen die einen, Freiheit! die anderen.