Uhren sind ein Blickfang, defekte Uhren auch.
Diese Art von Uhr fällt nicht herunter, und man kann sie nicht
abnehmen: Das Zifferblatt ist Teil der Wand!
Die Zentraluhr – auch Mutteruhr genannt –
ist schon lange außer Betrieb, und so stand diese Nebenuhr schon seit Jahren.
Steuerschaltung
Das vorgefundene Uhrwerk
benötigt bipolare Minutenimpulse von 60 V.
Eine Steuerschaltung würde man heutzutage mit Funkuhr-Empfänger und
Mikrocontroller erschlagen; hier wurden mal nahezu ausschließlich
— passend zur Uhr – DDR-Bauelemente verbaut.
Schaltung
Funktionsprinzip
Zentraler Schaltungsteil ist die H-Brücke für die Ausgabe der
bipolaren Spannungsimpulse.
Diese wurde aus DIL-Relaiskontakten (!) K1..K4 zusammengesetzt.
Zur Stromversorgung dient ein Steckernetzteil 15..24 V ~ (Wechselspannung),
dessen Ausgangsspannung zweipolig einweg-gleichgerichtet wird.
Damit kommt man auf ausreichende 42 V [Schutzkleinspannung]
oder aber 60 V [Nennspannung für Uhr]
Die Wechselspannung (50 Hz) dient auch als Zeitbasis!
So würde es zwar zu DDR-Zeiten niemals ordentlich laufen …
IC1 und IC2 teilen die Netzfrequenz durch 3000 (binär 101110111000),
heraus kommt ein kurzer LOW-Minutenimpuls (Länge < 1 µs)
Mit IC4 wird der Minutemimpuls weiter geteilt (IC4B, für die 2 Polaritäten)
und die Impulslänge festgelegt (IC4A arbeitet als Monoflop mit ca. 0,5 s).
Mit IC3 verknüpft werden die DIL-Relais der H-Brücke angesteuert.
Das erspart die Bauelemente für den Potenzialversatz und 60-V-verträgliche
Transistoren.
R5 schützt schließlich die Kontakte der H-Brücke vor zu viel Abnutzung
durch Kurzschluss am Uhr-Anschluss oder versehentlichen
Brückenkurzschluss (alle Relais an)
Mit S1 kann man von Hand die Uhr um 1 Minute vorrücken.
Außerdem wird damit der Zähler und damit die Uhr blockiert;
endgültig loslassen sollte man den Taster daher zur vollen Minute [Doppelfunktion!]
Die Schaltung ist nahezu ruhestromfrei; der einzige Dauerstromverbraucher
ist R2, der Vorwiderstand für die Zener-Diode D1.
Damit erfüllt, ohne Trafo gesehen, die Schaltung die EU-Standby-Verordnung
von 2014 mit einer Leistungsaufnahme von weit unter 0,1 W.
So läuft das Uhrwerk auf lange Zeit funkuhr-genau
(dank langzeitstabiler Netzfrequenz); nur die Sommerzeit-Umstellung
muss man von Hand vornehmen — sowie Stromausfälle korrigieren.
Natürlich kann man auch mehrere Nebenuhren parallel schalten!
Für etwa 10 Uhren ist hier das Netzteil ausgelegt,
die Relaiskontakte für ca. 30 Uhren.
Leider wurde im Umkreis keine weitere Nebenuhr mehr gefunden.
Layout
Als einmalige Bastelsache ohne SMD-Bauelemente wurde auf Lochrasterplatte
aufgebaut. Diemal also kein Eagle-Layout!
Gerät
Schließlich hat die Leiterplatte noch ein (altes) Gehäuse abbekommen.
Auch Etiketten sind bei mir open-source!
Hier als gezipte Winword-2000-Datei.
Nachtrag
An Stelle der Relais lassen sich auch Transistoren einsetzen.
Hier eine erprobte, robuste und clevere Schaltung mit Bipolartransistoren,
garantiert ohne Brückenkurzschluss,
gesehen in einer Märklin-Digitaleisenbahnsteuerung.
Die beiden Steuer- und Leistungstransistoren einer Halbbrücke
sind von jeweils einer Zonenfolge (npn oder pnp),
was die Beschaffung erleichtert.
Die „oberen“ Transistoren T2 und T4 bilden einen
Komplementärdarlington,
der von R2 gespeist wird;
die „unteren“ Transistoren T1 und T3 ebenso, von R1 gespeist.
Beide Endstufentransistoren arbeiten ungesättigt (UCE ≥ 0,7 V):
suboptimaler Wirkungsgrad aber schnell schaltend (zur Übertragung der Loksteuersignale);
für die Uhr völlig ausreichend.
Die Halbbrücke arbeitet symmetrisch: An beiden Enden gibt es 0,7 V Verlust.
Dabei ist die Anzahl der benötigten Widerstände minimal.
Um ruhestromfrei zu bleiben benötigt diese Vollbrücke high-aktive Steuerimpulse,
also noch einen Inverter, oder muss komplementär aufgebaut werden.
Mit den oben gezeigten Relais war es eben doch schön einfach.
Die Dimensionierung der Bauteile sei hier mal Sache des Anwenders:
Mit genügend großen Vorwiderständen und bekannten Stromverstärkungen
ist eine solche Schaltung sogar kurzschlussfest machbar.
Diese Endstufe wurde auch bei einem Weihnachtsbaum-Wechselrichter
wiederverwendet und in einen astabilen Multivibrator eingebettet.
Diese Grundschaltung ist so praktisch,
dass man sich diese (als Bastler) unbedingt merken sollte!