Basteleien und Reparaturen mit oder ohne Strom
Problem: Gleich 3 gleichartige Ladegeräte von MEC Energietechnik GmbH, halb deutsch (Österreich), halb chinesisch. Verschieden defekt.
Schaltungstechnik: Ein Hilfsnetzteil mit LNK624DG speist den Mikrocontroller PIC16F866 und seine OPV-Beschaltung mit ±5 V, wobei dieses primärseitig(!) geregelt ist. Sekundärseitig stehen +12 V (für das Relais) und eine schwächere –10 V (nur für den 79L05) zur Verfügung. Der Optokoppler daneben dient nicht zur Regelung, sondern senkt die primärseitig angezapfte +15 V auf ca. 5 V ab, damit die PFC und das Hauptnetzteil zwecks Energie sparen deaktiviert werden können. Das Hauptnetzteil ist ein Sinuswandler, bei dem der Ansteuerchip L6599 bereits den Lo- und Hi-Side-Treiber enthält. Dieser kann nicht oder kaum regeln und stellt die volle Ladestromstärke zur Verfügung. Die beiden Optokoppler sind ausgangsseitig (zum L6599 hin) parallel geschaltet.
Wie bei allen Ladegeräten muss ein funktionierender Akku angeschlossen werden, damit sich etwas tut. Im Laborversuch wird das Gerät mit einem auf 28 V eingestellten Labornetzgerät betrieben. Für den Ladestrom muss eine elektronische Last angeschlossen sein, oder das (Hameg-)Labornetzgerät kann Strom fressen und verheizen, ist dann ein sogenanntes Zwei-Quadranten-Labornetzgerät. Das HM8143 ist aber mit ±2 A viel zu schwach, und man riskiert dass das teure Gerät Schaden nimmt. Zudem lässt es sich nur sehr umständlich reparieren.
Symptom: Zeigt „Mains“ (grüne LED) an, aber lädt nicht.
Diagnose: Keine Funktion der PFC, keine Spannung auf der Primärseite für das Hauptnetzteil. (Damals die Frage „Wo kommt die her“ siehe oben.)
Defekt: Die Z-Diode ZD2 zur Begrenzung der Speisespannung hat Kurzschluss. Wert: 15 V (nachgemessen in dritten Gerät). Ersatz durch 18-V-Z-Diode in derselben SMD-Bauform, und alles geht wieder.
Symptom: Lädt manchmal und manchmal nicht. Wasserabtropf-Filter (Ameisenschutz) fehlt, im Innern vagabundiert die zugehörige Befestigungsmutter M12 SW15.
Diagnose: Da war schon jemand drin und hat den PFC-Schaltkreis
SSC620S einseitig abgelötet!
Es stimmt, eine PFC ist Luxus,
und es sollte (zumindest an 230 V) auch ohne funktionieren.
Lötet man die Beinchen wieder an, stellt sich ein anderes Betriebsverhalten ein:
Es tuckert beim Ladeversuch, und es lädt nicht.
Also noch schlechter.
Erste Maßnahme: Alle 3 Schaltkreise tauschen: Gleiches Symptom, es tuckert nur etwas anders. Deren Beschaffung glich einer Tortur durch die Welt der Einzel-Händler: Jeder(!) Schaltkreis von einem anderen Lieferanten und einem anderen Lieferdienst.
Zweite Maßnahme: PFC deaktivieren und Hauptnetzteil vom (zweiten) Labornetzteil speisen: Es geht nicht! Es geht in eine Art Lockdown und bleibt da. Die Netzspannung am Trennstelltrafo etwas hochgedreht und alles aus- und eingeschaltet: Jetzt geht es! Erklärung: Der Spannungsteiler für den Unterspannungsdetektor des Sinuswandlers ist so (bösartig) dimensioniert, dass vielleicht mindestens 350 V Gleichspannung anliegen müssen! Das erklärt auch warum es „mal geht und mal nicht“: Je nach Netzspannung, mal 225 V~, mal 235 V~.
Dritte Maßnahme: Abtrennen der primärseitigen Last (PFC und Hauptnetzteil) vom Hilfsnetzteil. Hochdrehen der Netzspannung am Stelltrafo zur Simulation einer funktionierenden PFC: Tatsächlich, tuckernder Betrieb stellt sich auch ohne PFC ein, wenn nur die Primärspannung hoch genug ist. Verdacht auf Spannungsdurchschlag im Trafo des Hilfsnetzteils. Da sich der Primärstrom nicht beobachten lässt, aufwändiger Neuaufbau der Primärseite mit UC3842. Funktioniert prompt, aber Kollision der (nun vom Ladewiderstand bereitgestellten) Hilfsspannung mit der angeschlossenen PFC.
Vierte Maßnahme: Schaltglied aus n- und p-Kanal-MOSFET schaltet PFC und Hauptnetzteil mit der Referenzspannung (5 V) des UC3842 zu. Inbetriebnahme: Hurra, alles funktioniert. Mit Akku-Simulation: Geht 1 Zyklus, dann Zusammenbruch des Hilfsnetzteils und „Wärmegeruch“. Völlig verändertes Signalbild am Drain des Power-MOSFETs: Superschmale negativ gehende Nadeln, kein positiver Kurvenanteil. Defekte Sekundärdiode D2 an +12 V (1N5817: Schottky 20 V 1 A).
Erkenntnis: Die eigentliche Ursache des gesamten Übels ist die zu schwach dimensionierte Sekundärdiode D2! 20 V Sperrspannung reichen nicht, wenn die PFC die Speisespannung des Hilfsnetzteils erhöht. Normalerweise sterben Sekundärdioden sehr gerne mal auch ohne bekanntem Anlass. Ohne schnelle primärseitige Strombegrenzung reißen sie viele Bauelemente der Primärseite in den Tod: der sogenannte Netzteil-GAU. Heutzutage selten, da moderne Schaltnetzteile immer eine solche Strombegrenzung haben. Aber wie alle bipolaren Bauelemente (siehe meine Erkenntnisse zum Thema Zweiter Durchbruch bei Bipolartransistoren) führt „Überkopfzündung“ nicht zwangsläufig zum Tod: Ist der Strom genügend begrenzt, übersteht das Bauelement diese Fehlanwendung. Ein Z-Dioden-Durchbruch wirkt beim Sperrwandler wie beim Flusswandler: Der Sekundärstrom wird zum Primärstrom transformiert; ein Sekundärkurzschluss wird zum Primärkurzschluss. Weil der LNK624DG eine schnell wirkende und für geringe Ströme dimensionierte Strombegrenzung beinhaltet, hat dieser abgeschaltet, ohne die Schottky-Diode zu zerstören. (Nur so dimensioniert kann der Schaltkreis ohne von einer Hilfswicklung bereitgestellten Spannung arbeiten: Genial aber ziemlich leistungsbegrenzend.) Meine wesentlich kräftigere Ersatzschaltung mit UC3842 und externem Power-MOSFET, sklavisch nach Jörg Rehrmanns Schaltplan nachgebaut, hat schließlich die Diode „durchgeschossen“.
Vorletzte Maßnahme: Ersatz der Diode durch SR260 (60 V 2 A). Rückbau zum LNK624DG. Alles geht wieder. Hurra!
Vermutlich letzte Maßnahme: Ersatz der Ameisendichtung. Etwa das hier. Irgendwann.
Symptom: Gar nicht erst untersucht sondern gleich nach ZD2 (in Ordnung) und D2 (SR110: Schottky-Diode 1 A 100 V: Kurzschluss!) gefahnded.
Reparatur: Ersatz D2 durch SY345/1.
Hatte gerade nichts passenderes zur Hand.