13. Spannungswandler für Spezialanwendungen
In vielen
Bereichen werden Spannungswandler für bestimmte Zwecke optimiert
und lassen sich dann nicht mehr klar in eine der bisher behandelten
Gruppe
der Standardwandler einordnen.
In diesem Kapitel will ich solche
Wandler zusammenfassen und beschreiben.
13.1 Hilfsspannungsgeneratoren in netzbetriebenen Geräten
Bereits bei
den Schaltnetzteilen hat sich die Notwendigkeit einer niedrigen
Betriebsspannung zur Steuerung der Leistungselektronik gezeigt.
Aus
Platz- und Kostengründen ist es oft nicht möglich, ein
konventionelles Hilfsnetzteil in ein Gerät einzubauen.
Wie bei
den Schaltnetzteilen ist auch bei vielen anderen Anwendungen nicht
einmal eine galvanische Netztrennung erforderlich.
Wegen der hohen
Spannungsdifferenz kommt ein Längsregler oder Vorwiderstand
nicht in Frage.
Bereits bei nur 10 mA Laststrom müssten dann bei
Netzspannungen von 230 Volt 2–3 Watt in Wärme umgesetzt
werden.
Eine Steuerelektronik für Schaltnetzteile kann aber ohne
weiteres auch mal 100 mA Strom aufnehmen.
50-Hz-Trafos sind meistens
zu groß und ein Spartrafo bringt bei der hohen
Spannungsdifferenz ebenfalls kaum Vorteile.
Eine
Hilfsspannungserzeugung mittels Phasenanschnitt habe ich bereits
in Kapitel 4 beschrieben.
Die älteste und bekannteste Methode, große
Verlustleistungen zu vermeiden, ist die Verwendung von
Blind-Vorwiderständen an der Netzwechselspannung.
Da Netzdrosseln noch größer wären als Trafos mit
gleichem Ausgangsstrom, kommen nur Kondensatoren als
Vorwiderstände in Frage.
Bei Ausgangsströmen über etwa 50 mA
werden die aber ebenfalls sehr groß und teuer.
Eine weitere Möglichkeit, kleinere Spulen und/oder Kondensatoren zu
verwenden besteht darin, mit hohen Frequenzen zu arbeiten.
Diese können entweder eigens dafür erzeugt werden oder einem
Schaltnetzteil entnommen werden, nachdem es über einen
Anlaufwiderstand gestartet ist.
In Kapitel 6 Bild 6.1m/n/o habe
ich bereits einige sehr leistungsfähige
Abwärtswandler für solche Anwendungen beschrieben.
Außerdem sind auch die in anderen Kapiteln beschriebenen einfachen Wandler für
solche Zwecke geeignet.
Im nächsten Abschnitt möchte ich die Wandler in 50-Hz-Technik vorstellen.
13.1.1 Hilfsspannungserzeugung in 50-Hz-Technik
Wie ich bereits schrieb, kommen bei 50-Hz-Anwendungen nur kapazitive
Blind-Vorwiderstände in Frage.
In Bild 13.1.1a ist die
einfachste dieser Schaltungen zu sehen.
Der Widerstand R dient nur
der Einschaltstrombegrenzung um die Dioden zu schützen.
Er hat einige 100 Ohm und ist damit so niederohmig, dass er gegenüber
dem Blindwiderstand von C1 kaum ins Gewicht fällt.
Um den Ausgangsstrom zu berechnen nimmt man einfach an, dass C1 pro Sekunde
50 mal von -Û auf + Û aufgeladen wird und dabei die
Ladung Q = 2 C*Û über die Diode D1 auf den Elko C2
übertragen wird.
Bei der Ladung von C1 von +Û auf -Û
wird die Ladung von der Diode D2 gegen Masse kurzgeschlossen.
Der mittlere Strom ergibt sich zu I = f * Q = 2 f * C * Û.
Zum Beispiel fließt bei Û = 320 Volt (entspricht ca. 230 V~),
f = 50 Hz und C = 0,47 µF ein Strom von ca. 15 mA.
Wird der Schaltung weniger Strom entnommen, muss der überschüssige
Strom mit einer Zenerdiode ZD abgeführt werden um die
Ausgangsspannung zu begrenzen.
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Bild 13.1.1a: Einweggleichrichter
Bild 13.1.1b: Brückengleichrichter
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Wenn man nun, wie in Bild 13.1.1b zu sehen ist,
den Blindstrom auf einen Brückengleichrichter gibt,
werden beide Umladungen von C1 als Ladung auf C2 weitergegeben.
Dadurch verdoppelt sich der Strom auf I = 4 f * C * Û.
Leider muss bei dieser Schaltung die
Ausgangsspannung potentialfrei gegenüber der Netzspannung sein.
Zur Versorgung der Steuerelektronik, z. B. von Schaltnetzteilen,
ist sie deshalb ungeeignet.
Wenn eine Schaltung, die mit einem
Netzgleichrichter versorgt wird, auch noch eine Hilfsspannung
benötigt, muss die Wechselspannung direkt am Eingang des
Brückengleichrichters abgenommen werden.
Bezüglich des
Minuspols des Gleichrichters, der die netzseitige Masse der zu
versorgenden Schaltung darstellt, pendelt die Spannung am Eingang
zwischen 0 und Û.
Bild 13.1.1c: Stromversorgung für Steuerelektronik
Wegen des geringeren Spannungshubes im Vergleich zu den beiden letzten
Schaltungen ergibt sich ein Ausgangsstrom von nur I = f * C * Û.
Zwar ist die Wechselspannungsbelastung von C1 ebenfalls geringer,
trotzdem muss C1 die volle Netzspannung Û vertragen.
Bei gleichem Kondensator C1 liefert die Schaltung also nur die Hälfte
des Stromes wie in Bild 13.1.1a und sogar nur ein
Viertel von dem in Bild 13.1.1b.
Außerdem ist noch zu beachten, dass der
Brückengleichrichter von der Hauptlast belastet werden
muss, da sich sonst am Eingang des Brückengleichrichters
eine Gleichspannung bezüglich Masse aufbauen würde.
13.1.2 Hilfsspannungserzeugung mit hoher Arbeitsfrequenz
Da die benötigten Kapazitäten bei 50 Hz schnell unhandliche
Ausmaße annehmen, wenn größere Stromstärken
benötigt werden, ist es sinnvoll mit wesentlich höheren
Frequenzen zu arbeiten.
In Bild 13.1.2a ist ein besonders einfacher
HF-Generator für die Hilfsspannungserzeugung zu sehen.
Eine Besonderheit besteht darin, dass nur eine einfache Drossel benötigt wird.
Die Schaltung arbeitet als ein etwas abgewandelter Colpitts-Oszillator,
der so beschaltet ist, dass der Schwingkreis auf Massepotential liegt.
Die positive Halbwelle des Blindstromes in der
Drossel wird dann einfach mit einer Diode auf C4 ausgekoppelt.
Eine Zenerdiode begrenzt die Ausgangsspannung auf ca. 15 Volt.
Den eigentlichen Schwingkreis mit einer Resonanzfrequenz von ca. 50 kHz
bilden die Drossel und C3.
C2 bildet mit C1 einen Spannungsteiler, der dafür sorgt, dass an der Basis des
Transistors eine etwas größere Amplitude anliegt als am Emitter.
C1 ist nur ein Koppelkondensator, der die
Gleichspannungsdifferenz zwischen Basis und Emitter überbrückt.
R2 liefert den Basisstrom und legt den Arbeitspunkt des
Transistors beim Start des Oszillators fest.
Der Widerstand R3 übernimmt den Gleichstromanteil des Emitterstromes
und sollte daher nicht größer sein als unbedingt nötig.
Er muss jedoch relativ groß gegenüber dem Blindwiderstand von
C2 sein, der in diesem Fall bei etwa 15 Ohm liegt.
R1 ist nur ein zusätzlicher Sicherungswiderstand, der im Fehlerfall
durchbrennen würde und verhindert, dass die Kondensatoren und
die Drossel zerstört werden.
Der Transistor wird so wenig belastet, dass er i. d. R.
ohne Kühlkörper auskommt.
Um die Blindstromverluste gering zu halten, sollte eine entsprechend
hochwertige Drossel verwendet werden.
C3 muss ein verlustarmer Kondensator vom Typ MKP, FKP oder FKC sein.
Für C2 reicht ein normaler Folienkondensator und für C1 ein
Keramik-Vielschichtkondensator.
Die Schaltung ist dauerkurzschlussfest, da im Kurzschlussfall
der Schwingkreis nur mit geringer Dämpfung schwingen würde.
Der Ausgangsstrom errechnet sich genau wie bei der 50-Hz-Schaltung
in Bild 13.1.1a zu
I = 2 f * C * Û mit Û = Uin und f = 1/(2π√LC3).
Zusammengefasst ergibt sich dann I = U/π
√C3/L

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Bild 13.1.2a: Einfachster trafoloser HF-Hilfsspannungsgenerator
Bild 13.1.2b: Generator mit erhöhter Ausgangsleistung
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Wird ein höherer Ausgangsstrom benötigt, kann man zwar die Schaltung
so dimensionieren, dass der Blindstrom im Schwingkreis höher
wird, ich empfehle aber, zunächst auch den kapazitiven
Blindstrom mitzunutzen.
In Bild 13.1.2b ist eine solche bessere Blindstromausnutzung zu sehen.
Im Prinzip wird einfach ein
Brückengleichrichter in den Schwingkreis eingefügt, wodurch
sich der Ausgangsstrom verdoppelt.
Die Halbierung der Induktivität erhöht zusätzlich die Resonanzfrequenz
und damit auch den Blindstrom.
Der Ausgangsstrom errechnet sich dann zu
I = 2U/π √C3/L.
C5 sorgt während der Startphase dafür, dass die noch
hochohmigen Dioden kapazitiv überbrückt werden und so der
Schwingkreis geschlossen ist.
Auf der Drosselseite ist das nicht
nötig, weil durch den Gleichstrom in der Drossel eine Diode
bereits leitend ist und dadurch das untere Ende der Drossel
wechselstrommäßig auf Masse liegt.
Ein Nachteil der beiden zuletzt beschriebenen Schaltungen besteht darin,
dass die Energiezufuhr nicht regelbar ist.
Bei geringer Ausgangsbelastung muss
die überschüssige Leistung von der Zenerdiode ZD verheizt werden.
Das wäre in Bild 13.1.2b bereits rund 1 Watt Verlustleistung in der Zenerdiode.
Mit zunehmender Ausgangsleistung wäre dann
eine einfache Regelschaltung wünschenswert.
In Bild 13.1.2c habe ich den einfachsten Hilfsspannungsgenerator mit
einer ebenfalls sehr einfachen Regelschaltung kombiniert.
Die Transistoren T2 und T3 bilden einen Thyristor nach,
der zündet, sobald an der Diode D1 eine Spannung über 15 Volt anliegt.
Während der positiven Halbwelle des Blindstromes durch die Drossel
fließt dieser durch D2 und lädt C4 auf.
Während C4 aufgeladen wird, steigt auch die Spannung an D1 geringfügig an.
Sobald die Ausgangsspannung über ca. 15 Volt steigt,
führt der Spannungsanstieg während der Stromflussphase
zur Zündung der Thyristor-Nachbildung T2/T3,
die dann die Spannung an D1 kurzschließt und den Blindstrom für
die restliche Zeit der positiven Halbwelle übernimmt.
Je höher die Ausgangsspannung ist, desto früher werden T2/T3
durchgeschaltet und desto geringer ist die Zeit, in der der
Strom über D2 zum Ausgang fließen kann.
Während der negativen Halbwelle des Blindstromes ist dann genug Zeit für T2
und T3 um wieder zu sperren.
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Bild 13.1.2c: Einfachster geregelter Hilfsspannungsgenerator
Bild 13.1.2d: Geregelter Generator mit „Fremdeinspeisung“
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In Schaltnetzteilen mit Halbbrückenschaltung kann man natürlich
auch die Rechteckspannung am Ausgang der Halbbrücke als
Wechselspannungsquelle verwenden, wie in Bild 13.1.2d zu sehen ist.
Voraussetzung ist dann eine Anlaufschaltung, die das Netzteil
startet, bis der Hilfsspannungsgenerator die Stromversorgung der
Steuerschaltung übernehmen kann.
Weiterhin ist es nötig,
dass eine einigermaßen konstante Rechteckspannung an der
Halbbrücke anliegt.
Dies ist z. B. bei einem geregelten Flusswandler nicht der Fall.
Bei geringer Last würde die Impulsbreite gegen null gehen,
und der Hilfsspannungswandler könnte keine Leistung mehr abgeben.
Bei Resonanzwandlern funktioniert das nur, wenn der Frequenzbereich genügend
eingeschränkt und die Regelreserve genügend groß ist.
Optimal funktioniert der Wandler jedoch, wenn er mit einem symmetrischen
Rechteck mit konstanter Frequenz versorgt wird.
Dann könnte man auch auf eine Regelung verzichten.
Die Berechnung der Bauteile ist relativ einfach.
C1 dient nur der Entkopplung des Gleichspannungsanteiles, der an einer
Halbbrücke immer anliegt und ist von seiner Größe her unkritisch.
Er muss nur so groß sein, dass die Resonanzfrequenz des Serienschwingkreises,
die er mit der Drossel Dr bildet, weit unterhalb der Arbeitsfrequenz liegt
(> Faktor 10).
Er sollte aber auch nicht unnötig groß sein, damit der
Ladestromimpuls nicht zu groß wird.
Der Widerstand R1 begrenzt nur den Ladestrom von C1
und ist ebenfalls unkritisch.
Er sollte so klein sein, dass der Arbeitsstrom keine wesentliche
Verlustleistung verursacht.
Berechnet werden muss nur die Induktivität.
Wenn die Wechselspannung symmetrisch rechteckförmig ist (±Ue/2),
ist der Drosselstrom dreieckförmig.
Innerhalb der positiven halben Periode der Rechteckspannung
steigt der Drosselstrom von -Imax auf +Imax.
Der Stromanstieg in der Drossel ist dI/dt = 0,5Ue/L.
Multipliziere ich das mit der Zeit, die die Spannung konstant
anliegt, habe ich die gesamte Stromänderung in einer halben
Periode, also Imax− (−Imax) = 2 |Imax| = 1/2 Ue/L T/2.
Da der Strom in etwa linear steigt und fällt, lässt sich
der mittlere Ausgangsstrom leicht berechnen.
Eine halbe Periode fließt kein Strom zum Ausgang und die andere Hälfte steigt
der Strom linear von null bis Imax und dann wieder auf null.
Damit ist der Ausgangsstrom Ia = ¼ Imax.
Es gilt dann:
8Ia = 1/2 Ue/L T/2
bzw.
T Ue/L → Ia = Ue/32fL.
Bei Ue = 300 Volt, f = 100 kHz und L = 1 mH
würde die Schaltung dann einen Ausgangsstrom bis zu etwa 90 mA liefern.
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