1.3 Der Streutransformator
Während die Streuung
bei normalen Trafos ein unerwünschter Effekt ist, wird er Bei
Streutrafos gezielt genutzt.
Dabei ist mit Streuung nicht die
Abstrahlung magnetischer Felder nach außen, sondern die
künstliche Erhöhung der Streuinduktivität gemeint.
Der Sinn der Streuinduktivität, die effektiv in Serie zum
Verbraucher liegt, besteht darin, den Innenwiderstand des Trafos
stark zu erhöhen, ohne den Spannungsabfall im Innenwiderstand
als Wirkleistung verheizen zu müssen.
Die Streuinduktivität kann dabei so hoch sein,
dass der Trafo kurzschlussfest wird.
Im Prinzip vereint der Streutrafo einen normalen Trafo und eine
Vorschaltdrossel, ist aber wesentlich kleiner und leichter als beide
Komponenten zusammen.
Streutrafos sind für Verbraucher gedacht,
die aufgrund ihrer Kennlinie oder sonstiger Eigenheiten eher mit
einem konstanten Strom als mit einer konstanten Spannung versorgt
werden müssen.
Die bekanntesten Anwendung dürfte wohl die
Versorgung von Gasentladungslampen sein (z. B. Hochspannungstrafos
für Neonröhren).
Das Funktionsprinzip des Streutrafos
besteht darin, dass der magnetische Fluss, der durch die
Primärspule fließt und von der Primärspannung
erzwungen wird, über ein sogenanntes Streujoch der Sekundärspule
ausweichen kann, wenn diese belastet wird.
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Bild 1.3a: Streutransformator in anschaulicher Bauweise
Bild 1.3b: Streutransformator in praktischer Bauform
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Wichtiger Bestandteil des Streujoches ist der Luftspalt.
Der Luftspalt stellt eine erhebliche Barriere für den magnetischen Fluss dar,
sodass er den direkten Weg durch die Sekundärspule nimmt.
Wird die Sekundärspule jedoch belastet, stellt auch sie eine größere
Barriere für den Fluss dar; das durch den Sekundärstrom erzeugte
Gegenfeld erhöht den effektiven
magnetischen Widerstand des Kernes für den Fluss in der Sekundärspule.
Ein Teil des magnetischen Flusses macht jetzt
auch von der alternativen Möglichkeit Gebrauch, seinen Weg, an
der Sekundärspule vorbei, durch das Streujoch und den Luftspalt
zu nehmen.
Die Länge des Luftspaltes und die Querschnittsfläche
des Streujoches spielen für die Belastungskennlinie des
Streutrafos die entscheidende Rolle.
Die Querschnittsfläche des Streujoches bestimmt,
einen wie großen Anteil des Gesamtflusses das Streujoch aufnehmen kann.
Soll z. B. die Ausgangsspannung ohne
Überlastung des Trafos bis auf zwei Drittel der Leerlaufspannung
absinken dürfen, muss das Streujoch etwa ein Drittel des
Gesamtflusses aufnehmen können und daher mindestens ein Drittel
der Querschnittsfläche des eigentlichen Eisenkernes haben.
Soll der Streutrafo kurzschlussfest sein, muss das Streujoch
dementsprechend den gleichen Querschnitt haben wie der Hauptkern,
damit es im Kurzschlussfall den gesamten Fluss weiterleiten kann.
Der Luftspalt des Streujoches bestimmt direkt die
Streuinduktivität, die für eine einwandfreie Funktion des
angeschlossenen Verbrauchers stimmen muss.
Für die praktische und die theoretische Bestimmung der Streuinduktivität
wird die Sekundärspule kurzgeschlossen.
Mit einem Induktivitätsmessgerät kann dann die primärseitige
Streuinduktivität direkt an der Primärspule gemessen werden.
Analog dazu wird die sekundärseitige Streuinduktivität
an der Sekundärspule gemessen, während die Primärspule
kurzgeschlossen ist.
Das Verhältnis von primärer und
sekundärer Streuinduktivität entspricht dem Quadrat des
Übersetzungsverhältnisses.
Für die theoretische
Berechnung geht man davon aus, dass das Eisen im Vergleich zur
Luft keinen magnetischen Widerstand besitzt.
Wenn die Sekundärspule kurzgeschlossen ist,
muss der gesamte Fluss den Luftspalt überwinden.
Da der Luftspalt nur kurz ist, kann des Magnetfeld
darin als homogen angenommen werden, was die Berechnung erheblich
vereinfacht.
Um mir und dem Leser ein weiten Abstecher in die
theoretischen Grundlagen magnetischer Felder zu ersparen, möchte
ich auf die bekannte Formel für die Induktivität langer
Luftspulen zurückgreifen.
Zwischen dem Luftspalt und der langen
Luftpule gibt es wesentliche Gemeinsamkeiten: Auch im Inneren der
langen Luftspule ist das Magnetfeld homogen.
So wie beim Luftspalt
der magnetische Widerstand des Eisenkerns für den Rückweg
des Flusses vernachlässigt werden kann, ist auch der Rückweg
des Flusses außerhalb der langen Luftspule vernachlässigbar.
Dies liegt daran, dass sich der Fluss axial durch die enge
Spule zwängen muss, während ihm für den Rückweg
außerhalb der Spule eine riesige Fläche zur Verfügung steht.
Der magnetische Widerstand, der letztlich die Induktivität
bestimmt, wird daher nur von Länge und Querschnittsfläche
der Spule bzw. des Luftspaltes bestimmt.
Es spielt also keine Rolle, ob man eine lange Luftspule
oder eine Spule mit Eisenkern und Luftspalt berechnet.
In beiden Fällen gilt die bekannte Formel:
L = µ0N2A/l
mit
L = Induktivität der Spule bzw. Streuinduktivität des
Trafos, µo=4π*10−7
(magnetische
Feldkonstante), N = Windungszahl der Spule, A = Querschnittsfläche
der Spule bzw. des Luftspaltes und l = Länge der Spule bzw. des
Luftspaltes.
Soll ein Streutrafo kurzschlussfest sein, muss
die Streuinduktivität so dimensioniert werden, dass der im
Kurzschlussbetrieb fließende Blindstrom den maximalen
Betriebsstrom nicht überschreitet I = Ieff = Ueff/2π
fL.
Die minimale Streuinduktivität für
Kurzschlussfestigkeit ist gleichzeitig auch die maximal
sinnvolle für einen Streutrafo; wird die Streuinduktivität
darüber hinaus erhöht, kann das Leistungspotential des
Trafos nicht mehr genutzt werden.
Die gleiche Wirkung ließe
sich dann auch mit einem kleineren Trafo erzielen.
In Bild 1.3a ist
die Anschauliche Version des Streutrafos dargestellt.
In der Praxis
findet man eher die Version aus Bild 1.3b.
Sie hat erstens den Vorteil,
dass Standard-EI oder M-Kernbleche verwendet werden können und zweitens,
dass wegen des kurzen Weges nur wenig zusätzliches Eisen
für die beiden Streujoche erforderlich ist.
Die Streujoche bestehen ebenfalls aus kleinen Blechpacketen,
die so angeordnet sein müssen,
dass die Einzelbleche parallel zur magnetischen Feldlinienrichtung liegen,
in diesem Bild also horizontal.
Die für die Berechnung der Streuinduktivität
relevante Querschnittsfläche ist die Summe der
Querschnittsflächen beider Streujoche.
Die einfache Luftspaltlänge kann direkt in die Formel eingesetzt werden
und sollte auf beiden Seiten gleich sein.
Wird ein Streutrafo
vorwiegend mit konstanter Last betrieben (z. B. mit Neonröhre),
ist es sinnvoll, den ständig fließenden induktiven
Blindstrom mit einem Kondensator zu kompensieren.
Vor allem bei großen Leistungen bzw. bei einer großen Anzahl von Trafos
würde sonst der große Blindstromanteil zu einer erheblichen
zusätzlichen Strombelastung im Wechselspannungsnetz führen.
1.4 Der Drehstromtransformator
Da die drei
Drehstromphasen natürlich nicht in Phase sind, müssen sie
beim Transformieren auf drei getrennten Spulenkörpern oder
Transformatoren übertragen werden. Eine Besonderheit des
Drehstromes liegt darin, dass sich bei symmetrischem Betrieb
alle Ströme, auch die Magnetisierungsströme, im Mittelpunkt der
Sternschaltung zu jedem Zeitpunkt kompensieren.
Wenn dies für die Magnetisierungsströme gilt,
gilt es natürlich auch für die dazu proportionalen magnetischen
Flüsse in den drei Spulenkörpern. Wenn sich aber die drei
Flüsse der drei Trafospulen immer aufheben, kann man sich eine
einzelne Rückführung des Flusses an den drei Spulenkörpern sparen.
Stattdessen werden die einander entsprechenden Spulenenden
einfach mit einem gemeinsamen Eisenkern verbunden.
Der Drehstromtrafo
kommt daher mit wesentlich weniger Eisenmasse aus als drei
Einphasentrafos gleicher Gesamtleistung.
Bild 1.4: Anordnung der 3 Spulen auf dem gemeinsamen Kern eines Drehstromtransformators
In Bild 1.4 ist die
Standardausführung eines Drehstromtransformators zu sehen.
Der Kern sieht wie ein EI-Kern aus, besteht aber aus drei gleichgroßen
Schenkeln.
Auf den drei Schenkeln befinden sich die drei Spulenkörper
für die drei Phasen.
Bei der Beschaltung ist es sinnvoll, die
Primärseite in Dreieck- und die Sekundärseite in
Sternschaltung zu schalten.
Das hat den Vorteil, dass der
Sternpunkt auf der Sekundärseite voll belastbar ist, d. h. die
drei Phasen der Sekundärspannung können beliebig
asymmetrisch belastet werden.
Mit einer speziellen Wicklungstechnik,
bei der die Sekundärspulen auf alle Schenkel verteilt sind
(Zickzack-Wicklung), erreicht man stets eine symmetrische Belastung
der Eingangsspannung.
Die Primärspulen können dann auch bei
asymmetrischer Ausgangbelastung in Sternschaltung betrieben werden.
1.5 Der Spartransformator
Der Name verrät schon
den Sinn eines Spartransformators oder auch Autotrafo genannt.
Ist keine galvanische Trennung
zwischen Eingangs- und Ausgangsspannung erforderlich, kann die
Ausgangsspannung an einer Anzapfung der Primärspule entnommen werden.
Da keine separate Sekundärspule nötig ist, steht
der gesammte Wicklungsquerschnitt für die Primärspule zur Verfügung.
Ein weiterer wesentlicher Vorteil ist, dass der
volle Eingangs- und Ausgangsstrom nur durch einen Teil der
Gesamtwicklung fließen muss, während er beim
Trenntrafo durch Primär- und Sekundärwicklung fließt.
Da der Spartrafo, genau wie der Trenntrafo, Leistung zwischen den
beiden Teilwicklungen übertragen muss, werden auch den
Teilwicklungen des Spartrafos je die Hälfte des
Wicklungsquerschnittes zugeteilt.
Beim Aufwärtsspartransformator wird eine Teilwicklung
direkt mit der Eingangsspannung Ue verbunden.
Die zweite Teilwicklung wird so geschaltet,
dass sich ihre Spannung zur Eingangsspannung addiert.
Diese zweite Wicklung muss den Ausgangsstrom Ia
und die Differenz zwischen Eingangs- und Ausgangsspannung
Ua vertragen.
Die Trafoleistung muss dann mit Pt =
(Ua-Ue) Ia
= (Ua-Ue)Pa/Ua
angesetzt werden.
Soll also eine Ausgangsleistung Pa
erzielt werden, ergibt sich die erforderliche Trafoleistung mit Pt
= Pa(1 − Ue/Ua).
Wie man an der Formel erkennt, spart der Spartrafo besonders viel,
wenn die Ausgangsspannung nicht viel größer ist als die
Eingangsspannung.
Ist das Übersetzungsverhältnis jedoch sehr hoch,
lässt sich mit dem Spartrafo kaum sparen.
Beim Abwärtsspartransformator werden einfach Ua und Ue
physikalisch am Trafo und in der Formel vertauscht.
Die erforderliche Trafoleistung ist dann entsprechend
Pt = Pa(1 − Ua/Ue).
Als Grundlage für die
Dimensionierung des Spartrafos dient die Trafoleistung Pt.
Die Berechnung ist dann identisch mit dem Trenntrafo aus Kapitel
1.2 (siehe dort).
Beispiel: Ein Verbraucher soll mit 250 Volt und
einer Leistung von 500 Watt am 230-Volt-Netz betrieben werden.
Ein Trenntrafo müsste eine Übertragungsleistung von 500
Watt vertragen.
Der Spartrafo braucht dagegen nur 40 Watt übertragen.
1.6 Das Einschaltproblem von Netztransformatoren
Wie ich bereits in Kapitel 1.2.2 ausfühlich beschrieben habe,
wird ein Netztrafo so dimensioniert,
dass der Eisenkern gerade noch nicht in die Sättigung gerät.
Im Normalbetrieb liegt am Trafo nach dem Nulldurchgang des Stromes,
also auch des magnetischen Flusses,
maximal eine viertel Periode (von 90°–180° oder von 270°–360°)
der Wechselspannung an.
Nach dem Nulldurchgang der Spannung baut sich das Magnetfeld
dann wieder in jeweils umgekehrter Richtung auf.
Es gibt jedoch zwei Effekte,
die diesen periodischen Vorgang nachhaltig stören können.
Der erste Effekt ergibt sich aus der Hysteresekennlinie
des Eisens und er beginnt bereits beim Ausschalten des Trafos.
Da der Eisenkern üblicherweise keinen Luftspalt besitzt,
kann sich in ihm, trotz seiner weichmagnetischen Eigenschaften,
auch nach dem Abschalten des Trafos noch ein beträchtlicher
Restmagnetismus erhalten.
Der zweite Effekt hängt mit dem Einschaltmoment zusammen.
Im Idealfall müsste der Eisenkern im Einschaltmoment
feldfrei sein und die Spannung im Scheitelpunkt zugeschaltet werden.
Nur dann kann man sicher sein, dass sich der
in Kapitel 1.2.2
beschriebene Vorgang von Anfang an einstellt.
Ist der Kern feldfrei und wird die Spannung im Nulldurchgang zugeschaltet,
steht dem Kern eine halbe Periode des Feldaufbaues bevor,
was den doppelten magnetischen Fluss wie im Normalbetrieb bedeutet.
Hatte der Restmagnetismus im Kern zu allem Überfluss auch noch die
gleiche Polarität wie das sich jetzt aufbauende neue Feld,
kommt der Kern noch vor Erreichen des ersten Scheitelpunktes
der Spannung in die Sättigung.
Die Primärinduktivität sinkt zuerst langsam,
dann immer schneller auf vernachlässigbare Werte.
Die Spannung liegt aber noch über eine viertel Periode
in gleicher Richtung an der Primärspule an.
Der Primärstrom wird dann nur noch durch den Kupferwiderstand
der Primärspule und den Innenwiderstand der Eingangsspannung begrenzt.
Bei großen Trafos ist es daher reine Glückssache,
ob das Einschalten gelingt oder ob ein bzw. mehrere Gänge
zum Sicherungskasten erforderlich werden.
Bei kleineren Trafos (bis etwa 250 VA) ist das
Problem weniger kritisch, da der höhere Drahtwiderstand der
Primärwicklung nicht genügend Strom fließen lässt,
um die in 230-Volt-Netzen gängigen 16-Ampere-Sicherungsautomaten
auszulösen.
Konstruktive Maßnahmen zur Vermeidung dieses
Problemes wären zum einen ein Luftspalt zur Entmagnetisierung
des Eisenkernes und zum anderen eine Verdoppelung des
Kernquerschnittes.
Der Luftspalt bewirkt eine Vergrößerung
des Leerlaufblindstromes und der Leerlaufverluste.
Die Verdoppelung des Kernquerschnittes bedeutet, dass der Trafo,
bei gleicher Strombelastbarkeit, für die doppelte Spannung,
also auch für die doppelte Leistung ausgelegt sein muss.
In Bild 1.6a sind Spannungs- und Stromverläufe für den Fall aufgetragen,
dass der Trafo im ungünstigsten Moment,
dem Nulldurchgang der Eingangsspannung, eingeschaltet wird.
Die obere Kurve gibt die Eingangsspannung, z. B. die Netzspannung,
ab dem Einschaltzeitpunkt an.
Wäre die Spule und die Netzspannung verlustfrei bzw. ohne
ohmschen Innenwiderstand, würde sich der in der mittleren Kurve
dargestellt Strom einstellen.
Die Entstehung dieser Kurve ist dadurch zu erklären,
dass die Spule zunächst einer positiven Halbwelle voll ausgesetzt wird.
Die folgende negative Halbwelle reicht dann gerade aus,
den in der Spule aufgebauten Strom bzw. magnetischen Fluss
wieder auf null zu kompensieren.
Der magnetische Fluss erreicht also den doppelten Normalwert und
ändert sein Vorzeichen nicht.
Anschaulich kann man sich das als Überlagerung eines Gleichstromes
mit dem halben Maximalwert vorstellen.
Praktisch gibt es natürlich immer Verluste;
der überlagerte und nur durch die Umstände des Einschaltens
zustandegekommene Gleichstrom klingt exponentiell ab.
Unter der Voraussetzung, dass der Kern trotzdem nicht in die Sättigung
gerät, erhält man dann in etwa den Stromverlauf der unteren
Kurve.
Bild 1.6a: Spannungs- und Stromverlauf einer Trafo-Primärspule,
wenn der Trafo im Nulldurchgang eingeschaltet wird.
Oben: Verlauf der Spulenspannung ab dem Einschaltzeitpunkt
Mitte: Verlauf des Spulenstromes einer idealen Primärspule
Unten: Realer Verlauf des Spulenstromes ohne Kernsättigung
Wie schnell der überlagerte Gleichstrom abfällt,
hängt vom Innenwiderstand der Spule und der Eingangsspannung ab.
Je größer der gesamte Verlustwiderstand ist,
desto schneller fällt der Strom ab.
In der Praxis ist der Strom natürlich nicht sinusförmig
sondern im Bereich der maximalen Stromwerte, insbesondere dort,
wo noch der Gleichstrom überlagert ist, stark verzerrt.
Durch die Abnahme der Induktivität im Bereich der
magnetischen Sättigung steigt der Strom hier schneller an, was
den Kern immer schneller in die Sättigung treibt.
In der Praxis erkennt man diesen Effekt (nach dem Abklingen des
Gleichstromanteiles) daran, dass die Stromkurve im Bereich der
Scheitelpunkte spitz zuläuft.
Die Lösung des Einschaltproblemes ist von der Leistung des Trafos abhängig.
Bei kleinen Trafos (bis etwa 10 VA) spielt das Problem wegen des hohen
Spulenwiderstandes keine Rolle.
Bei Trafos bis etwa 250 VA muss man nur darauf achten,
dass die Sicherung vor dem Trafo überdimensioniert und möglichst träge ist.
Bei höheren Leistungen sollten zusätzliche Schutzschaltungen
eingebaut werden.
Die Schutzschaltung kann sehr einfach aufgebaut sein:
Das Wirkungsprinzip besteht darin, dass der Innenwiderstand der
Trafowicklung mit einem Serienwiderstand künstlich erhöht wird.
Der Widerstand fängt die sättigungsbedingten Stromspitzen ab
und lässt den überlagerten Gleichstrom nach wenigen Perioden abklingen.
Tatsächlich ist die größte „Gefahr“ bereits nach der ersten Periode gebannt.
Der Serienwiderstand erlaubt einen Zusammenbruch der Spulenspannung
bei Eintritt der Sättigung bis zum nächsten Nulldurchgang.
Bei der nächsten Halbwelle ist der Kern dann bereits mit der
umgekehrten Polarität magnetisiert und er kann mindestens eine
viertel Periode entmagnetisiert werden.
Das Magnetfeld wird so regelrecht auf die Netzspannung aufsynchronisiert.
Um ständige Verluste im Widerstand zu vermeiden, wird er nach 100–200 ms mit
einem Relais oder Triac kurzgeschlossen.
Relais eignen sich jedoch besser, da sie eine besonders geringe
Verlustspannung bei hohen Strömen haben.
Die Bemessung des Widerstandes hängt von der Belastung des Trafos ab.
Der Widerstand muss so hochohmig sein, dass die Netzsicherung
nicht auslöst und so niederohmig, dass deutlich vor dem Einschalten
des Relais fast die volle Wechselspannung an der Primärspule anliegt.
Wird der Trafo im Einschaltmoment stark belastet,
z. B. durch große Elkos oder Glühlampen, empfiehlt es sich,
den Trafo erst zu belasten, wenn sich die Spannung mit dem
Serienwiderstand aufgebaut hat und dieser kurzgeschlossen wurde.
Der Serienwiderstand braucht dann nur noch den sehr geringen
Leerlauf-Blindstrom ohne allzu großen Spannungsabfall
durchzulassen; er kann so wesentlich hochohmiger ausfallen
und daher die Stromspitzen besser abfangen.
Bild 1.6b: Doppelte Einschaltverzögerung für große Netztransformatoren
Bild 1.6b zeigt die einfache Ausführung einer doppelten Einschaltverzögerung
für große Netztrafos.
Die primärseitige Schaltung ist so ausgelegt,
dass sie direkt von der Netzspannung versorgt wird und daher
als eigenständiges Modul vorgeschaltet werden kann.
Da marktübliche Standardrelais bis 24 Volt Spulenspannung zu haben sind,
muss der kapazitive Vorwiderstand C1 vorgeschaltet werden
(ein ohmscher Vorwiderstand müsste min. 5 Watt verheizen).
Der Blindstrom durch C1 wird mit dem aus D1—D4 bestehenden
Brückengleichrichter gleichgerichtet und lädt den Siebelko C2.
R1 schützt die Dioden D1—D4 vor den Einschaltstromspitzen in C1.
Wenn die Spannung in C2 ausreichend hoch ist, zieht das Relais
Re1 an und schließt den Schutzwiderstand R2 kurz.
Kleine Relais bis etwa 15 Ampere Schaltstrom kommen mit etwa 30 mA
Spulenstrom aus.
Für die Dimensionierung kann man dann in etwa folgende
Größenordnungen annehmen:
R1 220 Ohm, C1 0,47 µF 250 V~, D1—D4 1N4148, C2 100 µF 40 V.
Die Größe des Schutzwiderstandes R2 hängt sowohl von der Trafoleistung
als auch von der Einschaltbelastung ab.
Bei einem 1-kVA-Trafo mit doppelter Einschaltverzögerung
kann er mit 47–100 Ohm 5 W bemessen werden.
Ohne sekundäre Einschaltverzögerung und großer Einschaltbelastung
sind dagegen ca. 10 Ohm 20 W bei gleichzeitiger Vergrößerung
von C2 auf 470–1000 µF angebracht.
Nach dem Einschalten des Netztrafos wird auch C3 über D9 und R3 geladen.
Die Bauteile müssen so bemessen sein,
dass das Relais Re2 auf jeden Fall später anzieht als Re1.
Re2 legt dann schließlich die sekundäre Last an den Trafo.
Ein ohmscher Vorwiderstand R3 ist nur sinnvoll, wenn die Ausgangsspannung
deutlich unter 100 Volt liegt; sonst empfiehlt sich die gleiche
Schaltung wie auf der Primärseite.
Für einen noch sichereren Einschaltvorgang könnte man sogar
eine vierstufige Sequenz ausführen:
- Einschalten des Trafos mit Schutzwiderstand in der Primärspule
- Kurzschließen des primären Schutzwiderstandes
- Einschalten der Sekundärlast mit Vorwiderstand
- Kurzschließen des sekundären Vorwiderstandes
1.7 50-Hz-Drosseln
50-Hz-Drosseln werden heute,
zumindest in haustechnischen Leistungsbereichen,
fast nur noch als Vorschaltgerät für Gasentladungslampen,
meistens Leuchtstofflampen, verwendet.
Im Prinzip kann eine Drossel aus einer Luftspule bestehen.
Wie der Kondensator soll auch eine Drossel
möglichst viel Energie auf kleinstem Raum speichern können.
Die in der Spule gespeicherte Energie ist
WL = 0,5 L I2.
Der Strom ist durch die maximale Verlustleistung in der Spule begrenzt.
In der Annahme, es handele sich um eine lange Spule, kann für
die Berechnung der Induktivität wieder die bekannte Formel
L = µ0N2A/l
mit
L = Induktivität der Spule, µ0=4π*10−7
(magnetische Feldkonstante), N = Windungszahl der Spule,
A = Querschnittsfläche der Spule bzw. des Luftspaltes
und l = Länge der Spule bzw. des Luftspaltes.
Um die Speicherkapazität einer Spule zu erhöhen,
kann man an mehreren Punkten ansetzen:
- Windungszahl.
Verdoppelt man z. B. die Windungszahl einer Spule, vervierfacht sich
die Induktivität. Allerdings verdoppelt sich auch die
Drahtlänge, während sich, bei gleichbleibenden
Wicklungsquerschnitt, die Drahtquerschnittsfläche halbiert, was
eine Vervierfachung des Spulenwiderstandes zur Folge hat.
Bei gleicher Verlustleistung halbiert sich daher auch der maximale
Spulenstrom.
Bei vierfacher Induktivität und halbem Strom kommt
man dann wieder auf die gleiche speicherbare Energie.
Die „Speicherkapazität“ einer Spule ist,
bei gegebenem Wicklungsquerschnitt, deshalb unabhängig von der Windungszahl.
- Spulenstrom.
Um den Spulenstrom erhöhen zu können, müsste die
Leitfähikeit des Drahtes erhöht werden. Eine unwesentliche
aber sehr teure Verbesserung lässt sich durch Verwendung
von Silberdraht, dem besten aller elektrischen Leiter, erzielen. Eine
drastische Verbesserung der Leitfähigkeit, für den
Hausgebrauch jedoch relativ unpraktisch, erreicht man noch mit
supraleitenden Werkstoffen, die mit flüssigem Stickstoff oder
Helium gekühlt werden müssen.
- Permeabilitätszahl.
Die magnetische Feldkonstante µ0, die
eigentlich nur für Spulen im Vakuum, praktisch auch in der
Luft gilt, muss noch mit der Permeabilitätszahl µr
multipliziert werden. Wird der Raum um die Spule herum mit einem
bezahlbaren ferromagnetischen Stoff z. B. Eisen (µr
ca. 10000) aufgefüllt, erhöht sich auch die Induktivität
um diesen Faktor. Allerdings gerät das Eisen schon bei geringen
Strömen in die Sättigung, lange bevor der zulässige
Spulenstrom erreicht wird. Energie lässt sich im Eisen kaum
speichern. Eine Alternative wäre noch die Verwendung von
speziellen (Eisen)Pulverkernen, die in der Herstellung jedoch teurer
sind, als normale Eisenkerne.
- Abmessungen.
Während eine Vergrößerung des Spulenquerschnitts auch die
Gesamtausmaße der Spule erhöht, ist noch eine Verkürzung
der Spulenlänge möglich.
Wie ich bereits in Kapitel 1.3 bei
den Streutransformatoren ausführlich erklärt habe, lässt
sich die effektive Spulenlänge durch Verwendung eines
hochpermeablen Eisenkernes mit Luftspalt auf die effektive
Luftspaltlänge reduzieren.
Die Drossel ist dann optimal dimensioniert,
wenn beim maximal zulässigen Spulenstrom der
Eisenkern gerade die Sättigungsfeldstärke des Eisens von
etwa 1,5 Tesla erreicht wird.
Nach den Gesetzen für magnetische Kreise lässt sich dann
der maximale Spulenstrom bei Eintritt der Sättigung ausrechnen:
Imax = Bl/Nµ0 mit
B = Sättigungsfeldstärke (ca. 1,5 T),
l = Luftspaltlänge,
N = Windungszahl und µ0=4π*10−7
(magnetische Feldkonstante).
Die einfachste Bauform einer Drossel verwendet den EI-Kern.
Dabei werden die E- und die I-Bleche jeweils zu einem Paket zusammengeklebt.
Zwischen das E- und das I-Paket wird dann
ein Pappscheibe als Abstandhalter gelegt.
Pappe hat, wie die meisten Isolatoren, magnetische Eigenschaften,
die sich kaum von Vakuum oder Luft unterscheiden.
Da der magnetische Fluss die Pappscheibe am Mittel- und an den Außenschenkel,
also zweimal durchdringen muss, ist die effektive Luftspaltlänge
die doppelte Pappdicke.
Die Querschnittsfläche entspricht der des Mittelschenkels.
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